"Der Hund begraben": Wahrheit ist relativ

23.3.2017, 08:00 Uhr

© Temperclay

Es gibt Filme, die haben einfach Pech: Ausgerechnet während Josef Haders Tragikomödie "Wilde Maus" über einen entlassenen, rachsüchtigen Redakteur im Kino zu sehen ist, läuft auch der Film des jungen Regisseurs Sebastian Stern mit dem gleichen Ausgangspunkt an: "Der Hund begraben" erzählt ebenfalls von einem Arbeitnehmer, der unverschuldet vor die Tür gesetzt wurde, und er ist auch wunderbar tragikomisch. Nur kennen die meisten halt Josef Hader, aber Sebastian Stern noch nicht.

Das sollte sich ändern, denn Sterns Version ist eigentlich besser. Justus von Dohnányi spielt Hans, den geschassten Abteilungsleiter, der seiner Frau Yvonne (Juliane Köhler) von der Abfuhr nicht erzählen kann, mit so vielen Varianten an Verlierermienen, dass man einfach auf seiner Seite stehen muss. Auch wenn er sich reichlich ungeschickt anstellt. Denn anstatt die Gattin und die frisch verliebte Tochter direkt mit den Tatsachen zu konfrontieren, wartet er immer wieder auf den passenden Moment. "Ich muss dir was sagen" wird zum Füllsatz für all das, was er eben nie aussprechen wird, zum Hemmnis für Ehrlichkeit in dieser bürgerlichen Familie am Stadtrand.

Zur emotionalen Erniedrigung kommt hinzu, dass der Familie ein Hund zuläuft, den Hans’ Frau und Tochter sofort ins Herz schließen. Der Verlierer-Vater kann dem Gekuschel nur stumm zusehen. Als er seine Abfindung mit trotziger Unvernunft in ein flottes neues Cabrio steckt und damit den geliebten Hund unabsichtlich überfährt, nehmen schicksalhafte Verwicklungen ihren Lauf, die witzige Volten und ein sehr schwarzhumoriges Ende bereithalten.

Ein charmanter Exot schleimt sich bei der Familie ein

Hans lernt den zwielichtigen Mike kennen (ironischerweise von Georg Friedrich gespielt, der auch Josef Haders Hauptfigur im Unglück beispringt). Der bietet seine Dienste an, um Hans’ Frau Yvonne, die den Hund verzweifelt sucht, die "Wahrheit" schonend beizubringen. Doch stattdessen schleimt er sich bei der Familie ein, gibt den charmanten Exoten im biederen Wohnzimmer und denkt gar nicht daran, die Schuld am Hundstod wie versprochen auf sich zu nehmen.

Hans wird nie zum Racheengel wie Hader, er reagiert nur immer, meistens falsch. Man sieht ihm lustvoll mitleidend zu, wie er sich immer weiter ins Schlamassel reitet. Seine Schicksalsergebenheit löst sich nur mit Hilfe von Alkohol und der naiv-liebevollen Zuwendung einer Autoverkäuferin. Eine flotte Schleuderfahrt auf dem Parkplatz ersetzt da schon den erotischen Höhepunkt. Ironisch, trocken, bis in kleine Rollen wunderbar besetzt: "Der Hund begraben" ist eine dieser Komödien, die versteckte Wahrheiten ansprechen und gerade deshalb so gut unterhalten - nicht nur Hundebesitzer. (D/86 Min.; Regisseur Sebastian Stern spricht am 31. März, 19 Uhr, im Nürnberger Casablanca über seinen Film.)

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