"Detroit": Eine Stadt in Aufruhr

24.11.2017, 11:00 Uhr
Nach einer Polizei-Razzia befindet sich die amerikanische Arbeiterstadt Detroit im Sommer 1967 im Ausnahmezustand.

© Concorde Nach einer Polizei-Razzia befindet sich die amerikanische Arbeiterstadt Detroit im Sommer 1967 im Ausnahmezustand.

Im Sommer 1967 brannte Detroit. Eine Polizei-Razzia in einer von Afroamerikanern besuchten illegalen Bar brachte in der Nacht des 25. Juli das Fass zum Überlaufen. Fünf Tage lang dauerten die Auseinandersetzungen zwischen den Aufständischen in den schwarzen Vierteln der Autostadt und der Polizei, die schon bald von Nationalgarde und US-Armee unterstützt wurde. 43 Menschen kamen dabei ums Leben.

50 Jahre später reist nun Kathryn Bigelow mit ihrem Film "Detroit" zurück zu jenen Ereignissen, die nichts an Aktualität verloren haben, wenn man sich die regelmäßig wiederkehrenden Krawalle nach polizeilichen Übergriffen in amerikanischen Großstädten anschaut. Bigelow, die sich in "The Hurt Locker" und "Zero Dark Thirty" mit den kriegerischen Folgen der US-Außenpolitik nach 9/11 auseinandergesetzt hat, taucht zu Beginn des Films mit der gleichen Intensität in die bürgerkriegsähnlichen Ereignisse jener Zeit ein. Sie zeigt die Entstehung des Aufruhrs und die Härte der Auseinandersetzungen, um dann den Fokus auf den jungen afroamerikanischen Sänger Larry Reed (Algee Smith) zu legen.

Ein Auftritt seines Vocal-Ensembles wird abgebrochen, weil die Polizei eine Ausgangssperre verhängt hat. Larry quartiert sich mit seinem Freund Fred (Jacob Latimore) im "Algier Motel" ein, um in der billigen Absteige der Gefahr aus dem Weg zu gehen und ein wenig Party zu machen. Aus Jux feuert einer der Gäste mit einer Startpistole eine Platzpatrone ab. Innerhalb kürzester Zeit wird das Hotel von der Polizei gestürmt.

Auf der Seite der Opfer

Der übereifrige Polizist Krauss (Will Poulter) und seine Kollegen reihen die Gäste mit dem Gesicht zur Wand stehend auf. Nacheinander werden sie verhört, geschlagen, gefoltert und mit fingierten Erschießungen unter Druck gesetzt. Dass sich unter den afroamerikanischen Männern zwei weiße Mädchen befinden, feuert den rassistischen Zorn der Polizisten nur weiter an. Am Ende der Nacht sind drei unbewaffnete, schwarze Teenager tot. Polizei wie Justiz gelingt es, die Vorkommnisse zu verschleiern.

Waren die zwei letzten Filme Bigelows von einer gezielten politischen Ambivalenz geprägt, macht die Regisseurin in "Detroit" unmissverständlich deutlich, dass sie auf der Seite der Opfer steht. Deren erlebter Horror wird auf der Leinwand mit großer Klarheit gezeigt. Dabei wird auch die quälend lange Zeit spürbar, die die Gefangenen in Angst und Schrecken verbracht haben.

Bigelow schaut dem Rassismus direkt ins Gesicht, ohne ihn zur Maske zu verzerren. Dabei bindet sie fast nahtlos Dokumentaraufnahmen ins nur leicht fiktionalisierte Geschehen ein und erschafft einen realistischen Erzählfluss, der seine Spannung nicht aus gewieften dramaturgischen Wendungen bezieht, sondern aus der beängstigenden Unberechenbarkeit der Wirklichkeit. (USA/134 Min.)

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