"Die Verlegerin": Unbestechlich im Kampf um die Wahrheit

22.2.2018, 09:00 Uhr

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7000 Seiten umfassten die brisanten Dokumente, die belegten, dass die US-Regierung über vier Präsidentschaften hinweg die Bevölkerung systematisch über ihre Pläne im asiatischen Raum getäuscht hatte. Die USA würden niemals einen Krieg beginnen, verkündete Truman 1950, um kurz darauf zehn Millionen Dollar für den Einsatz der US-Army in Indochina zu bewilligen.

Mit den Details der gezielten Falschinformationen hält Steven Spielberg sich nicht lange auf. Im Zentrum stehen der journalistische Kampf um die Wahrheit, die wirtschaftlichen Sorgen der "Post" und der Wettstreit mit der "New York Times", die als erste Auszüge aus den Pentagon Papers veröffentlicht hatte. Zugleich erzählt der Film die Emanzipationsgeschichte einer Frau, die nach dem Suizid ihres Ehemanns als Verlegerin in eine mächtige Position aufstieg, auf die sie niemand vorbereitet hatte.

Meryl Streep spielt diese Katharine "Kay" Graham anfangs als zögerliche, sehr feminine Heldin, die den Börsengang des angeschlagenen Traditionsblattes vorbereiten muss und von ihren Beratern bedrängt wird, nichts zu unternehmen, was die Geldgeber verschrecken könnte. Doch als der "Times" die weitere Publikation der Pentagon Papers gerichtlich untersagt wird ("Diese Leute gehören auf den Scheiterhaufen", so der nur als Silhouette zu sehende Nixon), schickt "Post"-Chefredakteur Ben Bradlee (Tom Hanks) den Reporter Bagdikian (Bob Odenkirk) auf die Suche nach dem Whistleblower Daniel Ellsberg. Einst an den Plänen des Bombenkriegs in Vietnam beteiligt, steht Ellsberg (Matthew Rhys) dem Krieg, in dem tausende Soldaten sinnlos verheizt werden, längst kritisch gegenüber. Er überlässt Bagdikian die kopierten Akten, mit der Auflage, sie anstelle der "Times" zu veröffentlichen.

Während Bradlee die Informationen am liebsten sofort drucken will, muss Kay in einer der eindringlichsten Szenen des Films letztlich ganz allein eine weitreichende Entscheidung treffen. Ihre Anwälte warnen sie vor den rechtlichen und finanziellen Konsequenzen, die der "Verrat von Staatsgeheimnissen" haben kann, doch Kay wird in diesem Moment klar, was sie ihren eigenen, uramerikanischen Idealen schuldig ist. "Lass es uns tun. Wir drucken!", sagt sie leise, aber bestimmt – und behauptet sich damit auch gegenüber ihrem engen Freund, dem ehemaligen Verteidigungsminister Robert McNamara (Bruce Greenwood), in dessen Auftrag die Pentagon Papers erstellt wurden und der weiß, dass er mit ihrer Veröffentlichung ins Kreuzfeuer der Kritik geraten wird.

Spielberg spitzt die Ereignisse oft thrillerhaft zu, montiert die Diskussionen hinter den Kulissen mit der Hochdruck-Arbeit der Journalisten an tausenden Seiten unsortiertem Geheimmaterial. Das Zeitungmachen der alten Schule ist hier noch einmal mit allen nostalgischen Facetten zu erleben. Doch was Spielberg und seine Autoren Josh Singer und Liz Hannah erzählen, ist zeitlos und gerade heute sehr aktuell: Es geht um Loyalität und die Selbstverpflichtung einer freien Presse zu Wahrheit und Unabhängigkeit.

Für die "Washington Post" stand in diesen Tagen des Jahres 1971 viel auf dem Spiel. Kay Graham verließ den Gerichtssaal am Ende als Siegerin und wurde später zu einer Ikone der Frauenbewegung. Ein packendes Lehrstück im besten Sinne, dessen recht konventionelle Inszenierung das Top-Ensemble, allen voran Meryl Streep und Tom Hanks, mit fulminanten Leistungen locker wettmacht. (USA/116 Min.)

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