"Final Portrait": Schwieriger Schaffensprozess

3.8.2017, 09:00 Uhr

© PROKINO Filmverleih /dpa

Als der junge englische Schriftsteller und Kunstliebhaber John Lord, im Film verkörpert von Armie Hammer, elegant inmitten der schmuddeligen Pariser Bohème von 1964, von seinem Freund und Kunststar Alberto Giacometti gefragt wurde, ob er ihm Porträt sitzen wolle, war von ein, zwei Tagen die Rede. Der Flug Lords in die USA war gebucht, die folgenden Umbuchungen sind ein Running Gag in Tuccis Künstlerporträt nach einer Giacometti-Biografie des realen Autors John Lord.

Sie erschien nach dem Tod des in der Schweiz geborenen Bildhauers, Malers und Grafikers im Jahr 1966, und dieses Buch ließ eine ganze Weile später dem Filmemacher Tucci angeblich keine Ruhe mehr. Das kann man sich gut vorstellen, denn erstens geht es um die bisweilen für alle Kunstschaffenden quälenden Phasen des Selbstzweifels, und zweitens um den ewig bunten Strauß von Kunst- und Bohème-Klischees, für den Giacomettis Biografie offenbar eine Fülle zu bieten hat.

So wohnte der Künstler mit seiner vernachlässigten Frau Annette (Sylvie Testud) in einer Art Sperrmüllatelier mit Bett, in dem er malte, knetete und riesige Geldbündel versteckte. Dort sitzt nun John Lord für Wochen auf einem brüchigen Korbstuhl und wartet zunehmend ängstlicher auf den fälligen "Oh fuck"-Aufschrei Giacomettis, mit dem der die Übermalung des bisher Geschaffenen einleitet. Mal ist es Ärger mit der Gattin, mal die Abwesenheit der kapriziösen Hure Carolin (Clémence Poésy), mal Durst, Hunger oder besagter Selbstzweifel, die den Schaffensprozess hemmen. Der Modell Sitzende verzweifelt immer mehr, Giacomettis Bruder Diego, selbst Künstler, tröstet, und das Genie kreist rauchend um sich selbst und seine Abgründe.

Das ist auf Dauer nicht allzu abendfüllend, obwohl sich Geoffrey Rush in der Haut des triebgesteuerten Bohème-Veteranen alle Mühe gibt und schön boshaft über seine Kollegen auf dem Maler-Olymp herzieht. Besonders über Picasso. In tragischen Phasen schrummelt das unvermeidliche Cello, und schließlich ist es gut, dass John Lord die Sessions mit einem Trick zu einem Ende führt. Über Giacomettis Kunst hätte man aber gern mehr erfahren. (GB/90 Min./OmU)

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