"I, Tonya": Skandal auf dem Eis

22.3.2018, 09:00 Uhr

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Als die amerikanische Eiskunstläuferin Nancy Kerrigan 1994 während der Vorausscheidung für die US-Meisterschaften von einem Attentäter mit einer Eisenstange so schwer am Knie verletzt wurde, dass sie ausscheiden musste, zählte man ihre schärfste Konkurrentin Tonya Harding schnell zu den mutmaßlichen Anstiftern. Tatsächlich gewann Harding als erste Frau, die den gefürchteten Dreifach-Axel sprang, die Meisterschaft. Und Regisseur Craig Gillespie widmet ihr mit "I, Tonya" ein überraschend unkonventionelles Biopic, das in Sachen Tempo und Gewagtheit vom Tanz auf dem Eis inspiriert scheint.

Sein Film beginnt mit der kleinen Tonya, die schon als Dreijährige von ihrer brutal ehrgeizigen und ketterauchenden Mutter zur künftigen Eisprinzessin gedrillt wird. Doch das Mädchen aus der Unterschicht wird mit seinem frechen Mundwerk und dem robusten Tanzstil auch als junge Frau nie der Vorstellung von der eleganten Elfe auf Kufen entsprechen.

In "I, Tonya" setzt sich ihre Geschichte von Aufstieg und Fall wie ein Puzzle zusammen. In flotten und punktgenauen Schnitten wechseln nachgestellte Interviews, in denen alle Beteiligten, inklusive Hardings jähzornigem Ex-Ehemann, ihre eigene Version der Ereignisse frontal in die Kamera erzählen, mit einschlägigen Spielfilmszenen. Und selbst in letzteren wenden sich die Figuren mitunter direkt an den Zuschauer — so als wollten sie ihn auf ihre Seite ziehen. Da spielt der Film ziemlich genial, auch humorvoll mit den Facetten der Wahrheit — und zitiert so die Undurchsichtigkeit des realen, von den Medien hochgejazzten Falls.

Unterlegt mit dem treibenden Rock-und-Pop-Sound der 80er/90er Jahre und angereichert mit atemberaubenden Eistanz-Nummern gerät "I, Tonya" über lange Strecken zu einem so mitreißenden wie schrägen Potpourri, das mit abwechslungsreicher Kameraführung genauso punktet wie mit seiner Hauptdarstellerin. Margot Robbie gibt ihrer ambivalenten Figur prolligen Trotz und Kampfgeist mit, aber auch Verletzlichkeit. Unsympathisch ist diese unter vielfachem Druck stehende Tonya jedenfalls nicht. Die übrigen Charaktere — nicht zuletzt Allison Janney, die für ihre Mutterrolle einen Oscar gewann — scheinen teils überzeichnet. Doch wenn man im Abspann Ausschnitte aus den Original-Interviews sieht, relativiert sich dieser Eindruck schnell. . . (USA/120 Min.)

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