"Julian Schnabel...": Alles überlebensgroß

11.1.2018, 09:00 Uhr

© Pappi Corsicato/Weltkino

Er muss ein Liebling der Götter sein, dieser 1951 geborene, stämmige Sprössling eines jüdischen Altkleiderverwerters, der zum Glück aus Geschäftsgründen von Brooklyn nach Brownsville, Texas, verpflanzt wurde. Dort wurde aus Julian ein blondgelockter Surfer und angehender Künstler mit grenzenlosem Vertrauen in die eigene Genialität. Ob als Koch, Weltreisender oder enges Mitglied der Velvet-Underground-Szene – Julian Schnabel ist fortan auf dem Weg zu Weltruhm.

Klingt schlicht, doch Pappi Corsicatis "Privat Portrait" und der Porträtierte selbst, der, vermutlich ohne es peinlich zu finden, als Produzent dieser Film-Hymne fungiert, können das mit einer Vielzahl von Filmschnipseln und Interviews beweisen. Al Pacino, Lou Reed, Popstars, Schauspieler, Galeristen und selbstverständlich die kinderreiche Mehr-Ehen-Familie sind einer Meinung: Julian ist ein Tausendsassa, der noch nie jemandem auf die Nerven gegangen ist.

Dem Publikum wird eine streng biografisch aufgereihte Überfülle an Gutem, ja Überragendem von Julian Schnabel vorgeführt, ohne es auch nur einmal in Kontrast zu den Hervorbringungen der anderen mit Schnabel konkurrierenden Stars der Branche zu setzen. Das Faszinierende an seiner Malerei auf unebenen, stets aber riesigen Untergründen, die gleichfalls verblüffende Übertragung seiner Weltwahrnehmung bei seiner Arbeit als Regisseur von "Basquiat" 1996 und "Schmetterling und Taucherglocke" 2007 – alles unvergleichlich genial.

Selbstverliebte Lobhudelei

Man muss schon einen Donald-Trump-ähnlichen Hang zur Selbstdarstellung hegen, um soviel Lobhudelei nicht ab und zu mit einem Augenzwinkern zu kommentieren. Schnabels Altersprojekt, der rosarote Palazzo Chuppi in New York, eine ehemalige Parfümfabrik, umgebaut zur venezianischen Hochhausvilla, lässt vermuten, dass so ein Künstlerleben in Lösungsmitteldämpfen nicht folgenlos bleibt. (I/88 Minuten, OmU)

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