"Madame": Die Arroganz der feinen Gesellschaft

1.12.2017, 15:05 Uhr

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"Essen Sie nicht zu viel. Trinken Sie nicht zu viel. Lächeln Sie nicht zu viel." Die Anweisungen, die Anne (Toni Collette) dem Dienstmädchen Maria (Rossy de Palma) gibt, sind deutlich. Schließlich wird die Hausangestellte auf eine gesellschaftliche Undercover-Aktion vorbereitet. Da der Sohnemann unangekündigt in Paris aufgetaucht ist, sind es für das Dinner plötzlich 13 Gäste. Die Zahl bringt Unglück, das weiß jeder.

Schon bei den Gebrüdern Grimm hat die 13. Fee nur Ärger gemacht und die ganze Belegschaft in Tiefschlaf versetzt. Aber in "Madame" geht es nicht um "Dornröschen", sondern eher um "Aschenputtel". Das langjährige Hausmädchen wird nämlich als 14. Gast für den Abend rekrutiert und muss sich plötzlich in der Welt ihrer Arbeitgeber zurechtfinden.

Überzeugungskraft und Emotionen

Die Fredericks sind schwerreiche Amerikaner und das Gelingen des Dinners ist von großer Bedeutung. Der Londoner Kunsthändler David (Michael Smiley) soll die Echtheit des Caravaggios im Wohnzimmer begutachten, mit dessen Verkauf Bob (Harvey Keitel) hofft, finanzielle Engpässe zu überwinden. Dass ausgerechnet David von Maria angetan ist, führt zu emotionalen Verwicklungen, bei denen sorgfältig errichtete Klassenschranken ins Wanken geraten.

In ihrer Sozialkomödie "Madame" seziert die französische Schriftstellerin und Regisseurin Amanda Sthers mit scharfem Skalpell die Abgrenzungsstrategien der feinen Gesellschaft, die sich immer ganz aufgeschlossen gibt, solange die unsichtbaren Gräben nicht überschritten werden. Marias Liebesaffäre mit dem Kunsthändler ist für "Madame" Provokation und Bedrohung zugleich, und die schärfste Waffe gegen die proletarische Infiltration ist immer noch die Arroganz der Bessergestellten.

Toni Collette spielt das Oberklassen-Biest mit neurotischer Überzeugungskraft, aber das emotionale Epizentrum ist Rossy de Palma, deren markantes Gesicht Pedro Almodóvar schon in sieben seiner Werke verewigt hat. Ihre außergewöhnliche Präsenz trägt den Film auch über so manche Vorhersehbarkeit in der Plot-Konstruktion hinweg. (F/91 Min.)

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