"Manifesto": Parforce-Ritt durch die Kunstgeschichte

24.11.2017, 13:21 Uhr
In zwölf Rollen rockt Cate Blanchett "Manifesto" im Alleingang.

© Julian Rosefeldt und VG Bild-Kunst In zwölf Rollen rockt Cate Blanchett "Manifesto" im Alleingang.

Der Titel ist Programm: Es wird ein Manifest verlesen, genauer gesagt ein Kunstmanifest, das aus diversen Streitschriften unterschiedlichster Autoren durch die Jahrhunderte zusammengestellt und verdichtet wurde. Das Ganze war ursprünglich eine Video-Installation, die durch Museen auf der ganzen Welt getourt ist. Wurden die zwölf Kapitel von "Dada" bis "Dogma95" dort simultan gezeigt, so werden sie nun im Kino hintereinander weg abgefeuert – als ein einziger großer Remix.

Das Ergebnis ist ein konzentrierter Frontalangriff auf alle Sinne: Eine cineastische Grenzerfahrung, die gut und gerne auch als Brainfuck durchgeht. Wie ein Trommelfeuer prasseln die manchmal wütenden und manchmal poetischen Analysen und Forderungen auf den Zuschauer ein, der eher früher denn später in Deckung geht. Wenn auf der Leinwand kurz mal Ruhe ist, dann bedeutet das nur, dass im Hintergrund gerade nachgeladen wird. Bevor das Sperrfeuer erneut einsetzt. Die Frage ist nicht, ob du aussteigst – die Frage ist, wann.

Beeindruckend und ermüdend

Vor allem ist "Manifesto" aber ein furioses Solo für Cate Blanchett. In zwölf Rollen rockt die Australierin im Alleingang diesen Parforce-Ritt durch die Kunstgeschichte und stellt einmal mehr ihre unglaubliche Wandlungsfähigkeit unter Beweis. Man muss schon zweimal hingucken, um sie als bärtigen Penner zu erkennen. Oder als gestylte Nachrichtenfrau. Als Fabrikarbeiterin. Als Puppenspielerin. Und als Rockstar.

Diese Frau ist unglaublich, aber das wussten wir ja schon vorher. Wie Blanchett den nicht enden wollenden Monolog vor einer Grundschulklasse oder auf einer Beerdigung (inklusive solider Publikumsbeschimpfung) vorantreibt, das hat schon etwas und ergibt immer wieder herrlich verstörende Bilder. Mit leisem Humor kontrastiert und verfremdet Regisseur Julian Rosefeldt das Textmonster mit ästhetisch inszenierten Bildern an tollen Drehorten in und um Berlin. Die langen Einstellungen und Fahrten wirken wie aus geschleckten Imagefilmen - bevor von jetzt auf gleich wieder auf hektische Collagetechnik umgeschaltet wird und die Schlagworte auch auf der Bildebene auf den Zuschauer einprasseln. In der konzentrierten Summe ist das alles sehr beeindruckend, aber auch ganz schön ermüdend. (D/130 Minuten).

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