"Stille Reserven": Kein Erbarmen mit den toten Schuldnern

20.4.2017, 08:00 Uhr

© Camino

Wien in naher Zukunft: Wer mit Schulden stirbt, muss diese nach dem Tod abarbeiten. Die Leiche wird von einem mächtigen Konzern einkassiert, reanimiert und im künstlichen "Vitalerhaltungszustand" als Ersatzteillager, Gebärmaschine oder Informationsquelle ausgebeutet – so lange, bis die Außenstände beglichen sind. Nur wer eine teure Todesversicherung abgeschlossen hat, darf in die Erde.

Assekuranz-Agent Vincent Baumann (so elegant wie eiskalt: Clemens Schick) verkauft solche Versicherungen. Als er einen wichtigen Job vermasselt, wird er degradiert und auf die Aktivistin Lisa Sokulova (so kühl wie androgyn: Lena Lauzemis) angesetzt. Die Tochter eines reichen Industriellen plant mit den "Recht auf Tod"-Rebellen einen Anschlag auf den Konzern . .

Genrefilm aus Deutschland – ein schwieriges Thema. Im deutschen Förderkino, bei dem die nahtlose Zweitverwertung im Fernsehen Bedingung ist, traut sich kaum noch wer an die Themen Action, Horror und Science Fiction heran. Umso mehr darf man den Mut von Valentin Hitz (Drehbuch und Regie) feiern, der mit "Stille Reserven" eine düstere Zukunftsvision vorlegt.

Vage Geschichte

Dass die österreichisch-schweizerisch-deutsche Koproduktion kein großer Wurf geworden ist, liegt allein an der Geschichte: Die bleibt nicht nur reichlich vage, sondern ist auch ziemlich unlogisch und vor allem komplett vorhersehbar.

Visuell hingegen stimmt alles. Mit monochromen Bildern zaubert der Film trotz des schmalen Budgets ein stimmiges, atmosphärisch dichtes Setting mit kühler Film-Noir-Ästhetik und jeder Menge Retro-Charme (Trenchcoats mit hochgeschlagenem Kragen, eine Jazzbar, Plattenspieler, auf denen sich alte Billie-Holiday-Scheiben drehen).

Wie gesagt: Allein als Statement in Sachen "Deutscher Film" ist "Stille Reserven" einen Blick wert. (D/A/CH/96 Min.)

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