"Teheran Tabu": Suche nach ein bisschen Freiheit

16.11.2017, 18:25 Uhr
Es braucht schon eine findige Ausrede, damit Sara (rechts) mal mit ihrer Nachbarin Pari und deren Sohn Elias ausgehen kann.

© Camino Es braucht schon eine findige Ausrede, damit Sara (rechts) mal mit ihrer Nachbarin Pari und deren Sohn Elias ausgehen kann.

Immer wenn der Film die iranische Metropole in der Totalen zeigt, wirkt Teheran wie eine Stadt aus dem Märchenland. Doch sobald man näher hinsieht, sobald der Blick auf die Lebensumstände der Menschen gelenkt wird, ist von heiler Welt nichts mehr zu spüren. Überkommene Moralvorstellungen, restriktive Gesetze und härteste Strafen bestimmen den Alltag. Die jungen Menschen, deren Hoffnungen sich an der westlichen Welt orientieren, leiden darunter.

Es sind - das ist nicht neu - vor allem die Frauen, die sich kleinste Freiheiten teuer erkaufen müssen. In seiner Heimat konnte Ali Soozandah nicht filmen. "Teheran Tabu" entstand in Marokko. Doch das sogenannte Rotoskopie-Verfahren, bei dem Szenen (wie in "Waltz with Bashir") mit echten Schauspielern gedreht, dann übermalt und schließlich in eine animierte Kulisse eingefügt werden, verleiht dem Film eine abstrahierte und zugleich sehr authentische Atmosphäre. Lebendig und expressiv wie sie sind, wirken die Bilder für sich.

Drogen und Pornografie gehören zum Alltag

Anfangs mutet die Geschichte etwas überfrachtet an, es dauert, bis man sie sortiert bekommt. Denn Ali Soozandeh scheint in allen Facetten vorführen zu wollen, wie tief die Kluft zwischen verordneter Moralvorstellung und dem tatsächlichen Leben hinter den Fassaden in seiner Heimat ist. An einigen Fallbeispielen zeigt er, dass Korruption, Drogenkonsum, außerehelicher Sex und Pornografie zum Alltag gehören.

Da ist die junge Frau, die sich und ihren Sohn mit Prostitution über Wasser hält, oder die Akademikerin, die ohne die Einwilligung ihres Mannes keinen Arbeitsvertrag bekommt, und da ist der Musiker, der nach einem One-Night-Stand dafür sorgen muss, dass die Jungfräulichkeit seiner Partnerin wiederhergestellt wird. In der Reihung wirkt das zuerst wie ein Lehrstück. Doch das gibt sich, sobald sich die Handlungsstränge verknüpfen und die Geschichte, die ohne Pathos und Betulichkeit auskommt, transparenter wird. Den Figuren und ihren Schicksalen kommt man dabei immer näher. Sehenswert. (D/A/96 Min.) 

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