"The Guilty": Ermittlung auf eigene Faust

18.10.2018, 09:00 Uhr

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Es dauert nur wenige Minuten, dann ist man als Zuschauer mitten drin im Geschehen — und bis zum Ende hat man kaum eine Chance, da wieder rauszukommen. Der Kopenhagener Polizist Asger Holm (Jakob Cedergren) schiebt Nachtdienst in der Notrufzentrale. Er hat Innendienst, weil es bei einem seiner Einsätze zu einem tödlichen Schuss kam. Am folgenden Tag soll eine Anhörung stattfinden, alle seine Kollegen wissen das. Als der Notruf einer Frau eingeht, die Asger verschlüsselt zu verstehen gibt, dass sie gerade entführt wurde und nun in einem fahrenden Auto sitzt, setzt der Polizist alle ihm zur Verfügung stehenden Hebel in Bewegung, um sie zu retten. Auf dem Monitor verfolgt er die Handypeilung, er schickt eine Streife und einen befreundeten Kollegen los, drängt die Einsatzleitung zur Tat, telefoniert mit der kleinen Tochter der Entführten und schließlich sogar mit dem vermeintlichen Entführer selbst.

Einzig das Telefon gibt ihm Handlungsspielraum, doch immer wieder bleiben Gespräche ergebnislos oder brechen ab. Wie quälend die Stress-Situation für den Beamten ist, verdeutlicht das notorisch tutende Freizeichen. Im Kinosessel nimmt man sozusagen live am Geschehen teil und fiebert mit, wenn die Kamera den Polizisten in Nahaufnahme zeigt und selbst die leiseste Gefühlsregung in seinem Gesicht oder durch ein Fingerzucken sichtbar wird.

Jakob Cedergren stemmt die Geschichte mit seinem intensiven und doch zurückhaltenden Spiel quasi im Alleingang. Er verkörpert einen Mann, der mit sich alles andere als im Reinen ist, der offensichtlich etwas gut zu machen hat. So wird der Fall zu seinem ganz persönlichen Ding. Doch oft laufen die telefonischen Anweisungen des Polizisten in die falsche Richtung oder erweisen sich als fataler Fehler. Nicht nur auf diese Weise versieht Regisseur und Co-Drehbuchautor Möller die so reduziert wie intelligent zwischen Hochspannung und fragiler Entspannung inszenierte Story mit unerwarteten Wendungen. Daneben wird die Frage nach Schuld, nach Täter und Opfer immer wieder neu verhandelt. Ein Thriller mit echten Hitchcock-Qualitäten. (DK/85 Min.)

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