Geschlagen und gedemütigt: Opferhilfe in Hersbruck

25.11.2014, 08:22 Uhr
Geschlagen und gedemütigt: Opferhilfe in Hersbruck

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In Deutschland werden etwa 35 Prozent der Frauen mindestens einmal in ihrem Leben mit physischer und/oder sexueller Gewalt konfrontiert - so eine Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte. Nur 20 Prozent der Betroffenen wenden sich an eine Beratungsstelle. Die HZ informiert über den Hersbrucker Verein "Hilfe für Frauen und Kinder in Not" sowie das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" auf Bundesebene.

Das triste Gebäude in der Wiesenstraße 6 am Stadtrand von Hersbruck täuscht über das hinweg, was sich im ersten Stockwerk verbirgt: Eine warme, herzliche Anlaufstelle für Frauen und Kinder in Bedrängnis. Der Vereinsname "Hilfe für Frauen und Kinder in Not", kurz Frauenhilfe, trägt der primären Klientel Rechnung, daher sind lediglich Frauen am Notruftelefon. Auch Männer werden betreut, diese nutzen das Angebot jedoch nur selten.

Anonym, kostenlos und rund um die Uhr

Das Angebot ist anonym und kostenlos. Für die Betroffenen sind die engagierten Mitarbeiterinnen täglich vier Stunden telefonisch da - an jedem Tag im Jahr. Ob Weihnachten oder Silvester, die 20 Freiwilligen wechseln sich mit den Diensten ab; das Telefon ist dann auf die diensthabende Mitarbeiterin umgeleitet, so dass jede von zuhause arbeiten kann. Frauen aus ganz Deutschland rufen unter der Hotline 09151/5501 an; sogar aus Holland und Südafrika meldeten sich Verzweifelte.

Im Jahr 1993 gegründet, bietet der Verein schnelle, unbürokratische Unterstützung: Die Mitarbeiterinnen hören erst einmal zu, wenn die Anruferinnen - oft weinend - von ihrem Leid erzählen. Häufig vermitteln sie die Verzweifelten in das nächste Frauenhaus, hier besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem in Schwabach.

Bevor es dorthin geht, geben sie noch profane Tipps: "Am besten nehmen die Betroffenen alles mit", weiß die Vorsitzende des Frauenvereins Hedwig Hacker, "denn wenn sie erst einmal im Frauenhaus sind, kommen sie oft nur noch schwer an ihre Sachen - ihre Ehemänner wissen das meist zu verhindern. Wir haben schon mehrfach mit zwei Autos geholfen, kartonweise Kleidung, Schmuck, Büchertaschen und Schulsachen für die Kinder und Sonstiges herauszutragen." Wichtig sind auch Krankenkassenkarten, Ausweise und überhaupt möglichst viele Dokumente.

Bevorzugt nutzen sie die Zeit, während der der Mann in der Arbeit ist. So auch bei dieser Begebenheit: "Wir wollten gerade mit vollen Händen gehen, als ich ein neues Bügeleisen im Eck stehen sah. ,Mitnehmen! Das sehen Sie sonst nie wieder habe ich zu der Frau gesagt - und sie hat es eingepackt."

"Gewalt ist ein langer Weg"

Selbstverständlich bestehen Kontakte zu sämtlichen relevanten Stellen und Institutionen wie Ärzten, Rechtsanwälten, der Polizei, Beratungsstellen und vielen mehr. "Gewalt ist meist ein langer Weg", erklärt Hacker. "Man ist für die Kinder da, man ordnet sich dem Mann unter, man wird psychisch krank. Man ist kein Mensch mehr, wenn man wahnsinniges Leid erfährt."

Die 67-Jährige weiß aus eigener Erfahrung, wie sich das anfühlt. Nachdem sie selber einen ähnlichen Leidensweg durchleben musste wie die Frauen, denen sie heute hilft, erkrankte sie zweimal schwer. Auf die Frage nach ihrer Motivation, seit so vielen Jahren mit so viel Herzblut und so viel zeitlichem Aufwand für andere dazusein, wird ihre Stimme noch weicher, ihre Gesichtszüge noch zarter: "ich darf inzwischen glücklich sein - und ich will das Gute, das mir jetzt widerfährt, weitergeben."

Deutschlandweites Hilfetelefon

Im März 2013 ins Leben gerufen, bietet das Hilfetelefon unter der Rufnummer 08000/116016 rund um die Uhr ein Beratungsangebot: Barrierefrei, kostenlos und vertraulich werden sowohl die betroffenen Frauen via Telefon und Webseite in verschiedenen Sprachen zu allen Formen von Gewalt beraten, als auch Familienmitglieder, Freunde und Fachkräfte. Die Beraterinnen übernehmen dabei eine Lotsenfunktion, indem sie die betroffenen Frauen auf Wunsch nach der Erstberatung an Hilfeeinrichtungen vor Ort vermitteln. Mehr Informationen finden Sie auch auf der Internetseite der Beratungsstelle.

Der Frauennotruf lädt gemeinsam mit dem Zonta Club Nürnberg Area zu einem Benefizkonzert am 7. Dezember 2014 um 17 Uhr in die Pfarrkirche St. Kunigund, Marktplatz 27 in Schnaittach, ein.

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