Hersbruck: Bodenaustausch bei ehemaligem Gaswerk beginnt

21.1.2016, 09:10 Uhr
Die Arbeiten für die Bodensanierung in Hersbruck haben begonnen.

© Landratsamt Die Arbeiten für die Bodensanierung in Hersbruck haben begonnen.

Dort haben sich nämlich über die Jahre polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Phenole infolge des ehemaligen Gaswerkbetriebes angesammelt – in auffälliger, aber für die Anwohner ungefährlicher Höhe. Sie reichen bis in eine Tiefe von sechs Metern und stellen somit eine Gefahr für das Grundwasser dar. Der Boden auf einer zu bearbeitenden Kernfläche von rund 2500 Quadratmetern muss daher komplett ausgetauscht werden.

„PAK sind Gaswerk-typische Stoffe“, erklärt Brigitte Lambertz, Konzernsprecherin der RWE AG in Essen, der Rechtsnachfolger des letzten Betreibers. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe begegnen den Menschen im Alltag als Luftschadstoffe, verursacht durch Kleinfeuerungen, Verkehr oder Industrieprozesse. Denn bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material wie Holz, Kohle oder Öl gilt: Je niedriger die Temperatur des Feuers und je weniger Sauerstoff, desto mehr PAK entstehen, erläutert das Umweltbundesamt.

Ursprünglich für Straßenbeleuchtung gebaut

Und wie kamen die bei einem Gaswerk in den Boden? Ein Blick in die Hersbrucker Stadtgeschichte klärt auf: Grund für den Bau des Gaswerks war der Wunsch nach einer Gasbeleuchtung, wie es in England um 1800 bereits der Fall war. Letztlich setzte sich der Nürnberger Unternehmer Paul Brochier 1875/76 für die Errichtung des Werks und die Beteiligung an der Gasbeleuchtung in Hersbruck ein. Der Weg zur modernen Straßenbeleuchtung war frei.

Zusammen mit Julius Aldinger baute er die „Gaswerke Doos-Hersbruck“ an der heutigen Nürnberger Straße mit dreigliedrigem Hauptgebäude, Ofenhaus, Reinigungs-, Kontrollanlage und Kohlelager mit Teergrube mit einem Fassungsvermögen von 96 Kubikmetern.

Ab sofort wurden die Stadt und die Gemeinde Altensittenbach mit Gas versorgt, das durch die Verbrennung von Steinkohle erzeugt wurde. In einer Bestandsaufnahme über das Werk vom 30. Mai 1945 wird über einen täglichen Kohlenverbrauch von 5,2 Tonnen berichtet. Das Material kam aus dem Ruhr- und Saargebiet sowie aus Oberschlesien.

Der dabei entstehende Teer wurde für den Straßen- und Brückenbau verkauft, zum Beispiel an die Gemeinde Fischbrunn, wie eine Rechnungskopie von 1935 im Stadtarchiv zeigt. Laut des Dokuments von 1945 waren es im Mai zehn Tonnen Teer, wozu als weitere Nebenprodukte der Gasproduktion noch zwei Tonnen Koks, Benzol und schwefelsaures Ammoniak kamen.

Im Laufe der Zeit änderten sich Besitzer und Aussehen des Geländes: Zwei Gasometer, eine Waschküche, ein Wohnhaus wurden dazu gebaut, die Verantwortlichen saßen bald in Bremen. In den Kriegsjahren 1939 bis 1945 erlitt die Anlage keine größeren Schäden, aber die Gasversorgung musste für rund ein Jahr (45-46) eingestellt werden – es mangelte an Kohle.

Anschluss an die Ferngasleitung bereitete dem Werk ein Ende

Das Ende des Gaswerks zeichnete sich 1950 ab: Die Ferngasversorgungsleitung der Stadt Nürnberg reichte bis acht Kilometer an Hersbruck heran und die oberste Baubehörde im Freistaat regte die Prüfung eines Anschlusses an. Der kam am 1. Juni 1950 durch die Gründung der „Gasversorgung Hersbruck GmbH“, an der beide Städte je zur Hälfte beteiligt waren. Es war die Geburtsstunde der heutigen Hewa.

Das Gaswerk wurde nicht mehr gebraucht, der Aus- und Verkauf begann. Die eisenhaltigen Anlagenteile sicherte sich die Firma Schrotthandel Karl Zink, das Gelände übernahm 1958 die Firma Fackelmann. Erst 1972 wurden die Gebäude jedoch abgerissen und eine neue Lagerhalle gebaut.

Bis Mai sollen die Arbeiten abgeschlossen sein, so der Plan, den die RWE AG in Zusammenarbeit mit dem Grundstückseigentümer Norbert Fackelmann und den Behörden erstellt hat. Bereits im Vorfeld wurden die Anwohner bei einer Veranstaltung über die Maßnahmen informiert. Die Sanierung soll jede Art einer späteren Nutzung ermöglichen.

Das Landratsamt Nürnberger Land bittet die Anwohner um Verständnis, dass kurzzeitig leider unvermeidbare Lärmbelästigungen entstehen können. Sollten Störungen oder Belästigungen auftreten, können Betroffene direkt mit den örtlichen Bauleitern Kontakt aufnehmen. Als Ansprechpartner/-innen stehen ferner folgende Mitarbeiter/-innen im Umweltamt des Landratsamts zur Verfügung: Thomas Scholz (Telefon: 09123/950-6219), Peter Saller (09123/950-6215), Dorothea Weimer (09123/950-6230) und Peter Gronau (09123/950-6216).

Keine Kommentare