Honigernte beim Parkhaus in Röthenbach

29.10.2014, 07:59 Uhr
Honigernte beim Parkhaus in Röthenbach

© Horst Linke

Herr Bermüller, der Sommer ist rum. Wie ist die Honigernte heuer ausgefallen?

Johannes Bermüller: Die Frühlingsernte ist klimabedingt — es war zu trocken und zu schnell zu warm — so gut wie ausgefallen. Im Sommer hat es dann bei mir allerdings richtig gekracht. Da hatte ich bei vielen Völkern überdurchschnittliche Erträge, fast ausschließlich Lindenblütenhonig von ausgezeichneter Qualität. Ich habe von neun Völkern rund 350 Kilo Honig geerntet, davon habe ich nur noch 90 Kilo übrig, der Rest ist verkauft. Ich verkaufe bis in die USA und nach Russland.

Sie sind erst seit zwei Jahren Imker. Wie kam es dazu?

Bermüller: Nach einer mehrjährigen Tätigkeit in einem Nürnberger Krankenhaus bin ich aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden. In dieser schwierigen Lebensphase habe ich zufällig einen Bericht der Frankenschau des Bayerischen Rundfunks zum Thema Stadtimkern gesehen. Es ergab sich ein Kontakt zu dem in dem Beitrag vorgestellten Imker und nach langen Gesprächen und reiflicher Überlegung habe ich zwei Bienenvölker im Garten meines Reihenhauses in Röthenbach angesiedelt.

Inzwischen verteilen Sie Ihre Bienenstöcke über die ganze Stadt. Wie viele Stöcke und Völker haben Sie und wo stehen die?

Bermüller: Momentan habe ich 27 Völker, verteilt auf zehn Standorte — und zwar bei mir zu Hause, in zwei Privatgärten in Gebersdorf, am Gustav- Adolf-Birnbaum in der Hügelstraße, am Kuhweiher und beim Parkhaus des Röthenbach-Centers, beim Bahnübergang im Bierweg in Ziegelstein, am Maxtorzwinger, auf der Nürnberger Burg und am Heilig-Geist-Spital. Pro Standort stehen mindestens zwei Völker, das will ich zunächst erweitern auf bis zu acht Völker. Im Lauf des nächsten Jahres werden einige wichtige Standorte dazukommen. Mein Ziel ist es, bis zu 150 Völker über die Stadt verteilt anzusiedeln.

Wie wählen Sie die Standorte aus?

Bermüller: Ich fahre mit offenen Augen durch die Stadt und frage mich: Wie würde es mir hier als Biene gefallen, wo finde ich was zu fressen, wo hätte ich meine Ruhe und belästige niemanden, wo bin ich willkommen? Natürlich muss der Standort für mich als Imker auch gut zugänglich sein. Außerdem möchte ich, dass die Bienen gesehen werden, dass die Menschen erkennen: Es gibt wieder Bienen in der Stadt.

Gab es schon Beschwerden von Nachbarn oder andere Probleme?

Bermüller: Es gibt überhaupt keine Probleme mit Anwohnern oder Autofahrern. Anfängliche Bedenken waren nach kurzer Zeit ausgeräumt. Bis auf einen kleinen Vorfall am Brünnla in Gebersdorf gab es keinen Vandalismus. Ich freue mich, dass es ein ausgesprochenes Interesse in der Bevölkerung an den Bienen gibt und möchte mich bei der Gelegenheit mal bei allen Ämtern, Institutionen, Privatleuten und Firmen für die freundliche Unterstützung bedanken.

Wo finden Ihre Bienen Nahrung?

Bermüller: Die Stadt ist grün, es gibt überall Blüten. Das Nahrungsangebot in der Stadt ist viel reichhaltiger als auf dem Land. Ich habe 2013 meinen Honig analysieren lassen, das Ergebnis zeigt eine enorme Vielfalt an Blütenpollen darin.

Sie produzieren „Nürnberger Stadthonig“, haben also ein eigenes Label. Mischen Sie den aus allen Standorten zusammen oder kann man bei Ihnen sortenreinen Honig etwa aus Röthenbach oder von der Burg kaufen?

Bermüller: Zehn Standorte, zehn verschiedene Geschmäcker. Es wird nichts gemischt, das wäre eine Verfälschung der einzelnen Honige zu einem Einheitshonig. Auf jedem Glas steht daher drauf, wo genau der Honig herkommt. Selbst der Honig der einzelnen Stöcke schmeckt unterschiedlich, etwa fruchtig mit einem Touch Ananas oder als Blatthonig mit Karamellnote.

Ich habe das Label übrigens als Marke beim Europäischen Patentamt angemeldet. Nürnberg ist ja eine der ältesten Honigstädte in Deutschland. Es gab über Jahrhunderte Bienen auf der Burg. Die Imkerei hatte für die Stadt schon immer ökologische und ökonomische Bedeutung. Ich möchte, dass die Leute wieder wissen: „Nürnberger Stadthonig“ ist eine typische Nürnberger Spezialität wie die Bratwurst und Lebkuchen.

In der Stadt gibt es viele Umweltgifte, Abgase, Feinstaub. Enthält der Stadthonig deshalb mehr Schadstoffe?

Bermüller: Das werde ich oft gefragt. Es gibt in jedem Lebensmittel Schadstoffe. Aber was im Honig zu finden ist, liegt nachweislich deutlich unter allen Grenzwerten. Bienen sind Wildtiere, die auf Rauch reagieren, die vor Abgasen flüchten. Und Standorte in der Nähe von Industrieanlagen habe ich nicht, dort gibt es ohnehin keine Nahrung.

Wo kann man den „Nürnberger Stadthonig“ kaufen?

Bermüller: Bei der Tourist Information am Hauptbahnhof und in der Königstraße, an der Kasse der Burg, beim Früchtekorb im Röthenbach-Center und bei den Rewe-Märkten in der Gebersdorfer Straße und am Äußeren Laufer Platz. Für mehr reicht im Moment mein Honig nicht. Es ist aber angedacht, dass alle Nürnberger Rewe-Märkte meinen Honig verkaufen.

Was halten Sie von dem Trend, sich Bienenkisten auf den Balkon oder die Terrasse zu stellen?

Bermüller: Nicht viel. Ich habe viele Anfragen von Privatleuten, die sich Bienen halten wollen, und rate denen ab. Imkern muss man lernen. Das macht sehr viel Arbeit. Bienen auf dem Balkon oder der Terrasse zu halten, kann man machen, wenn man geeignet wohnt, entsprechenden Platz hat und so manche andere Voraussetzung erfüllt ist, damit das Ganze nicht zu einer Zumutung für die Nachbarn wird. Viel wichtiger ist es, den Bienen im Garten durch entsprechende Bepflanzung viel Nahrung zu bieten.

Essen Sie eigentlich selbst viel Honig?

Bermüller: Ja, aber der Witz ist: Ich bin Diabetiker und hochgradig bienenallergisch. Wenn mich eine Biene sticht, habe ich manchmal ein paar Minuten lang ein bisschen Jucken, manchmal aber auch eine Riesenschwellung. Ich sehe mich aber nicht als besonders gefährdet an, ich habe immer ein Notfallset dabei.

Warum tun Sie sich, vom finanziellen Ertrag mal abgesehen, das alles an?

Bermüller: Wenn ich einen Eimer Honig in der Hand halte und an all die Mühen der Bienen denke, das berührt mich sehr. Da ist jeder Tropfen wertvoll. Wir können Bienen nur begleiten, ein gutes Umfeld schaffen, sie aber nicht erziehen. Da braucht es eine gewisse Gelassenheit.

@www.nuernberger-stadthonig.de

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