30 Jahre Kleinkunst im "Casa de la Trova" Wendelstein

6.9.2016, 17:05 Uhr
30 Jahre Kleinkunst im

© Stefan Gnad

Für Christa und Klaus Schmidt ist das „Casa de la Trova“ nicht nur eine Herzensangelegenheit, auch baulich sind sie direkt mit ihrem Lebenswerk verbunden. Die Kleinkunstbühne findet sich in einem Anbau, der direkt an ihr Wohnhaus angrenzt: Ein 99 Besucher fassender Saal mit lauschiger Wohnzimmeratmosphäre, dazu eine Bar im gepflegten Kuba-Interieur mit beeindruckendem Getränkeangebot. Und das seit drei Jahrzehnten. Was hat sich in dieser langen Zeit verändert? „Die Qualität“, sagt Klaus Schmidt. „Wir machen heute Sachen, die wir vor zehn Jahren noch nicht gemacht haben, weil sie nicht erschwinglich waren.

Große Nachfrage

Verändert hat sich außerdem, dass die Künstlerbewerbungen in Wendelstein erheblich zugenommen haben. Und dass das „Casa“ weniger spielt. War früher jeden zweiten Tag etwas geboten in der Hausnummer 13 in der Straße „Zum Sportheim“, so sind es heute durchschnittlich ein bis zwei Veranstaltungen in der Woche. „Und wir werden weiter reduzieren …“, sagen die Macher. Sie begründen das mit ihrem Alter.

Keine Kompromisse machen die Schmidts hingegen bei ihrem Programm. Zwar gehen Lesungen und Jazz nur schleppend, doch anspruchsvolles politisches Kabarett zieht noch immer. Entgegen des landläufigen Trends hat Comedy bis heute nie einen Platz auf der Kleinkunstbühne gefunden. Klaus Schmidt verzieht keine Miene, wenn er erklärt warum: „Weil’s uns nicht gefällt.“

Dass es dem Ehepaar immer wieder gelang, namhafte Künstler nach Wendelstein zu locken, lag nicht zuletzt an der herzlichen Rundum-Betreuung. Und das sind dann auch die Momente, die in Erinnerung bleiben: Wie Bands aus fernen Ländern in Fußballmannschaftsstärke auf Luftmatratzen im Wohnzimmer übernachtet haben; oder wie der große Dieter Hildebrandt vor der „Casa“-Fotowand steht und sich über jedes Gesicht freut, das er darauf erkennt.

Viele Ehrenamtliche

Die gute Stimmung schwappt auch auf das Team über: 30 Leute helfen regelmäßig unentgeltlich mit, sitzen an der Kasse, fahren die Technik oder schmeißen die Theke. Dazu kommt ein halbes Heer an Programmverteilern. Trotzdem wird die Bürokratie immer mehr, kostet Kraft. „Es ist ein personelles Problem, kein finanzielles“, sagt Klaus Schmidt. Ein wenig Entlastung brachte Bernd Schwappach, der 2010 den Vorsitz der „Falken Kulturkooperative Wendelstein e. V.“ übernahm und vor drei Jahren den Kartenvorverkauf im Internet über das Portal Reservix lancierte, wodurch das „Casa“-Büro zumindest ein wenig entlastet wurde.

Gute Kontakte und ein tadelloser Ruf sind im Kleinkunst-Geschäft alles. Um den hohen Anspruch zu halten, den sie an ihr Programm stellen, haben die Schmidts ein unorthodoxes Finanzierungssystem installiert: Über die SPD-nahe Falkeninitiative organisierte Christa Schmidt bis letzten Sommer Kulturfahrten von Island bis Sardinien, von St. Petersburg bis Havanna. 150 Reisen in 27 Jahren. Was an Gewinn übrig blieb, floss ins „Casa“ und sicherte das Überleben der Bühne.

Ein langer Atem

Drei Jahrzehnte an der Kleinkunst-Front – man muss nicht selbst Veranstalter sein, um zu ahnen, dass es lukrativere und stressfreiere Geschäftsfelder gibt. Was würden die heute 78- und 75-jährigen Klaus und Christa Schmidt dem 30 Jahre jüngeren Ehepaar Schmidt raten? „Durchhalten, auch in schweren Zeiten“, sagt Christa Schmidt. Und dann erzählt sie, dass sie nicht nur einmal drauf und dran war, alles hinzuwerfen; und dass es ihr Mann war, der in solchen Momenten immer wieder gesagt hat, dass es einen langen Atem braucht. „Tatsächlich hat es zehn Jahre gedauert, bis es lief. Aber dann war es schön.“

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