Alter Wein in neuen Schläuchen

29.3.2017, 10:36 Uhr
Alter Wein in neuen Schläuchen

© Foto: dpa

Bob Dylan startet mit Konzerten am 1. und 2. April in Stockholm seine Europa-Tournee. Bei dieser Gelegenheit wird ihm im kleinen Kreis und unter Ausschluss der Medien der Preis überreicht.  „Die gute Nachricht ist, dass die Schwedische Akademie und Bob
Dylan entschieden haben, sich dieses Wochenende zu treffen“, schrieb Danius in ihrem Blog. „Die Akademie wird ihm dann Medaille und Urkunde überreichen und zu seinem Literaturnobelpreis gratulieren.“

Die Auszeichnung hatte der Rocksänger im Oktober für seine poetischen Neuschöpfungen in der amerikanischen Songtradition zuerkannt bekommen. Bei der Verleihung am 10. Dezember fehlte er jedoch. Um den Preis behalten zu dürfen, muss Dylan – wie mehrfach berichtet – innerhalb eines halben Jahres nach der Feier die traditionelle Nobelvorlesung halten. Diese kann er aber zum Beispiel auch als Video einreichen. "Was er sich entschieden hat zu tun, ist seine eigene Sache", kommentierte Danius im Blog. "Für die Schwedische Akademie steht in jedem Fall fest, dass der Nobelpreisträger für Literatur 2016 Bob Dylan und niemand anderes ist." Immerhin das steht fest.

Vielleicht verwechselt Dylan die Nobelpreis-Verleihung ja mit einem Gesangswettbewerb. Oder hat die Auszeichnung dem Dichter die Sprache verschlagen? Sein neues Dreifach-Album deutet jedenfalls darauf hin, denn unter den insgesamt 30 Titeln ist kein einziger aus seiner Feder, dafür singt der Meister darauf so herzzerreißend wie selten. Dylan knüpft damit direkt an seine letzten Studioproduktionen "Shadows in the Night" (2015) und "Fallen Angels" (2016) an. Offenbar hat er Spaß an seiner Rolle als Interpret des Great American Songbook gefunden. "Triplicate" heißt das Werk mit drei mal zehn Songs, nicht etwa "Trilogy" oder gar "Trinity". Ein passender Titel wäre auch "Sentimental Journey" gewesen, nach dem Oldie, der hier auch zu hören ist.

Bob Dylan nähert sich den Songs und Jazz-Standards, die zum bekannten amerikanischen Kulturgut zählen, mit Respekt. "Man will diese Worte doch nicht in rüpelhafter Weise ausspucken", erklärte er dazu. Viele dieser Evergreens, Liebeslieder zumeist, kennt man von berühmten Vorbildern wie Frank Sinatra, Ella Fitzgerald, Billie Holiday oder Ray Charles. Nun steht Dylan nicht gerade in dem Ruf, ein besonders guter Sänger oder Crooner zu sein, aber allein seine Stimme und die kunstlose Art, wie er diese ollen Kamellen singt, machen seine Versionen besonders.

Bob Dylan serviert alten Wein in neuen Schläuchen. Was überhaupt nicht gegen alten Wein spricht. Die Fans jedoch bewegt natürlich die Frage, ob und wann der Meister, der ja auch auf ein eindrucksvolles Alterswerk verweisen kann, wieder einmal eigene, neue Songs schreiben wird.

 

Im April gibt Dylan fünf Konzerte in Deutschland, um Bayern macht er allerdings diesmal einen großen Bogen. Es bleibt spannend.

Bob Dylan: "Triplicate", drei CDs / LPs (Sony Music); ab 31. März.

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