Amerikanischer Rassismus und die Liebe

7.3.2019, 08:54 Uhr
Amerikanischer Rassismus und die Liebe

In seinem 1973 erschienenen Buch proklamierte Baldwin Liebe als Akt des Widerstands und erfand mit Fonny und Tish ein Paar, für das seine Liebe alternativlos ist. Zu Beginn sieht man beide draußen an einem Frühlingstag, und wie sie sich an den Händen halten, sich anschauen, das allein genügt, um die Verbundenheit zweier Menschen zu zeigen, die sich seit ewigen Zeiten kennen, und die jetzt, der Kindheit gerade entwachsen, bereit sind, ein Liebespaar zu werden.

Ein lichtdurchfluteter Zauber liegt über dieser ersten Szene, der ein abrupter Sprung in die Filmgegenwart wenige Jahre später folgt. Da sitzt Tish (Kiki Layne) im Besucherraum eines Gefängnisses getrennt durch eine Glasscheibe ihrem Geliebten gegenüber, der für eine Vergewaltigung inhaftiert wurde, die er nicht begangen hat. Die 19-Jährige ist schwanger, sie verspricht Fonny (Stephan James), ihn rauszuholen, bevor das Baby geboren wird, und weiß ihre Familie als letzte Bastion gegen den Hass der Gesellschaft bedingungslos hinter sich. Tishs kämpferische Mutter (oscarprämiert: Regina King) findet sogar einen jungen, weißen Anwalt für Fonny, aber gegen die Justizwillkür ist auch er machtlos.

Erzählt wird die Geschichte von Tish aus dem Off, während Regisseur Jenkins die zwei Zeitebenen wunderbar fließend verbindet und mit Schwarzweiß-Rückblenden an die authentische Gewalt gegen Schwarze erinnert. Einmal trifft Fonny einen Freund wieder, der zu Unrecht zwei Jahre hinter Gittern saß. "Im Gefängnis können sie mit dir machen, was sie wollen. Und das Schlimmste ist die Scheißangst, die sie dir damit einjagen." Fonny lebt da noch in Freiheit, aber er weiß, dass ihm als Afroamerikaner jederzeit das gleiche Schicksal blühen kann.

Im Fokus aber steht immer das Paar, Tish und Fonny, der Kunsthandwerker und die Parfümverkäuferin, die anfangs darum kämpfen, sich ein gemeinsames Leben aufzubauen. Ihre oft in Close-ups aufgenommenen Gesichter sind ein offenes Buch, in dem man von ihrem Glück und ihrer Liebe lesen kann, aber auch von ihrer Angst und der Sorge umeinander.

Liebe, das zeigt Beale Street" ohne allen Kitsch, ist die einzige Möglichkeit in einer Welt voller Hass zu überleben. Manchmal springt der Funke sogar über. Auf ihrer verzweifelten Suche nach einer Wohnung trifft das Paar am Ende einen weißen jüdischen Vermieter, dem die Hautfarbe völlig egal ist. Er möge einfach Menschen, die sich lieben, sagt er.

Bei allem Zorn, mit dem der Film (wie das Buch) auf den amerikanischen Rassismus blickt, erzählt er vor allem eine ganz große Lovestory – so bitter wie unendlich zart, in traumhafte Bilder umgesetzt und begleitet von einem leisen, wunderbar flexiblen Soundtrack. Ein mehr als würdiger Nachfolger von Barry Jenkins’ oscargekröntem Debütfilm "Moonlight". (USA/119 Min.)

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