Anmutig an der Oboe

28.2.2016, 17:31 Uhr
Anmutig an der Oboe

© obs/Musikwoche Hitzacker/Decca/Ben Ealovega

Das Oboenkonzert a-Moll des Engländers Ralph Vaughan Williams, ein 1944 entstandenes, neoromantisches Schmuckstück für Streichorchester, das wie ein eskapistischer Gegenentwurf zum Grauen des Zweiten Weltkriegs wirkt, ist wie geschaffen für Mayers herausragende Qualitäten an diesem Holzblasinstrument.

Bei dem gebürtigen Erlanger, der ab 1990 Solo-Oboist bei den Bamberger Symphonikern war und dann 1992 in gleicher Position zu den Berliner Philharmonikern wechselte, klingt der Solopart schwerelos glänzend und ist doch an diesem Abend voll virtuoser Energie. Mayers Oboe führt die Symphoniker und gibt quasi die Einsätze, sein Instrument dominiert – und mangels Dirigent stellt sich ein ausbalanciertes Konzertieren kaum ein. Aber das fällt nicht so sehr ins Gewicht – bei diesem Solisten: In der Pastorale von Williams’ Konzert vereint Mayer strömend-poetischen Klang mit farbiger Fabulierlust. Den tänzerischen Mittelsatz gestaltet er mit anmutiger Beweglichkeit, die sich im Scherzo zu virtuosem Tempo und augenzwinkernder Keckheit steigert.

Bei den Bach-Zugaben gelingt in der Arie „Schafe können sicher weiden“ aus der Kantate 208 ein delikates Duettieren mit der Flöte, bevor Mayer in einem Solo die berühmt berüchtigte Zirkularatmung der Oboisten demonstriert. Mit ihr wird es möglich, die musikalische Phrasierung vom Luftholen abzukoppeln.

Mayer hatte sogar genug Atem, um zwischen den Werken launige Moderatorenworte einzustreuen: Jetzt, wo er wisse, dass hier ein neuer Konzertsaal gebaut werde, gefalle ihm die Meistersingerhalle ganz gut, frotzelte er über deren akustische und altersbedingte Schwächen.

Dass er auch am Pult mit musikantischem Feingefühl gestalten kann, bewies Mayer bei Felix Mendelssohn Bartholdys 3. Sinfonie, der „Schottischen“. Sie entwickelte er ganz aus dem Geist der Romantik, durchsichtig in der Textur, griffig in den Streichern, fein abgestuft im Holz. Trotzdem kamen die an den Charakter der schottischen Landschaft gemahnenden raueren, stürmischen Elemente – etwa im Vivace oder im Finalsatz – nicht zu kurz.

Musikalisch kultiviert gelang auch Edward Elgars Serenade für Streichorchester e-Moll zu Beginn. Das hatte britische Noblesse, dagegen animierte Mayer bei der letzten Zugabe des Abends, dem Andante aus Haydns „Paukenschlag“-Sinfonie, die Symphoniker zu keckem Spielwitz. Sein Kompliment: Dieses Orchester sei für ihn ein weiterer Grund, wieder nach Nürnberg zu kommen. Nicht nur deshalb brandete Jubel auf, Albrecht Mayer machte an diesem Abend einfach den Unterschied, er war der Garant für ein Konzert der Extraklasse.

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