"Babylon Berlin": Teuerste deutsche TV-Serie startet

13.10.2017, 11:58 Uhr
Ende der goldenen Zwanziger feiern die Reichen in den Nachtclubs, während draußen die Armen auf die Straße gehen: Szene aus der bildgewaltigen TV-Serie "Babylon Berlin".

© Foto: Frederic Batier/X Filme 2017 Ende der goldenen Zwanziger feiern die Reichen in den Nachtclubs, während draußen die Armen auf die Straße gehen: Szene aus der bildgewaltigen TV-Serie "Babylon Berlin".

Berlin anno 1929: Die Goldenen Zwanziger Jahre gehen zu Ende, nur noch vier Jahre, dann ist Hitler Reichskanzler. Leuchtreklamen erhellen die Boulevards, und während die Reichen in den Nachtclubs mit Charleston und Absinth feiern, gehen die Armen auf die Straße. Die neue TV-Serie "Babylon Berlin" ist ein Kopfsprung mitten hinein in diese Welt, ein bildgewaltiges Panoptikum der Weimarer Republik.

Die mit Spannung erwartete, rund 40 Millionen Euro teure Produktion könnte zu einem Meilenstein für die heimische Fernsehlandschaft werden. Nicht nur, weil sie die teuerste deutsche Serie aller Zeiten ist und von Regisseur Tom Tykwer ("Lola rennt", "Das Parfum") mit besten Straßenfeger-Qualitäten inszeniert wurde. Sondern auch, weil der Bezahlsender Sky und die ARD "Babylon Berlin" gemeinsam produziert haben - keiner hätte das Mammutprojekt alleine stemmen können.

Zahlende Zuschauer können die ersten beiden Staffeln mit insgesamt 16 Folgen ab dem Freitag (20.15 Uhr) bei Sky sehen, alle anderen müssen auf die Ausstrahlung Ende 2018 im Ersten warten.

Das Mammutepos basiert auf den Bestsellern von Volker Kutscher über die Abenteuer eines Kommissars in der Weimarer Republik: Gereon Rath (Volker Bruch) ist ein gebrochener Held und seit seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg drogenabhängig. In der ersten Serienepisode lässt er einen Pornoring auffliegen und lernt auf dem Kommissariat die Stenotypistin Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) kennen.

Nachts arbeitet Charlotte als Gelegenheitsprostituierte, damit sie die Miete für das finstere Rattenloch bezahlen kann, in dem sie mit ihrer Familie haust. Die gemeinsamen Ermittlungen führen die beiden in eine Welt zwischen kommunistischen Unruhen und aufkeimendem Nationalsozialismus. Zu ihren Gegnern gehört ein Gangsterkönig (Misel Maticevic), der in seinem dekadenten Partytempel "Moka Efti" alle nach seiner Pfeife tanzen lässt. In weiteren Rollen sind Stars wie Lars Eidinger und Matthias Brandt zu sehen.

Keine Serie der leisen Töne

Das Neben- und Miteinander von politischen Entwicklungen und prallen Lebensschilderungen macht Volker Kutschers Romane zum perfekten Serienstoff. Tom Tykwer, der mit seinen Kollegen Achim von Borries und Henk Handloegten viereinhalb Jahre lang geschrieben und gedreht hat, ist spürbar verliebt in das Sujet. Sein "Babylon Berlin" ist keine Serie der leisen Töne, sondern eine, um sich sattzusehen, mal derb, mal glamourös. Scharf akzentuierte Bilder von nächtlichen Hinterhöfen zitieren die expressionistische Filmkunst dieser Zeit, und wenn ein feister Geschäftsmann sich im "Moka Efti" gierig gebratenen Oktopus in den Mund gabelt, ist zum Thema Dekadenz alles gesagt - Halligalli in der Hauptstadt.

Gefühlsmäßig ist es die Serie zur Stunde. Drehbuchautor Henk Handloegten weist auf die Parallelen zwischen damals und heute hin: In den 20er Jahren habe in Berlin eine zügellose Partystimmung geherrscht, die er mit der Zeit nach dem Mauerfall vergleicht. "Aber dann, gegen Ende der Zwanziger, geht es immer mehr Leuten zu schnell, die Welt wird zu verwirrend, zu unübersichtlich, der Ruf nach der eisernen Faust lauter und lauter" - das sei ähnlich wie heute.

Geht es nach den Machern, wird "Babylon Berlin" ein Straßenfeger wie einst "Das Boot", an dessen Fortsetzung Sky gerade bastelt. Mindestens genauso wichtig ist aber der internationale Erfolg - und der zeichnet sich jetzt schon ab: Bereits vor dem TV-Start wurde die Serie in rund 60 Länder verkauft. Kein Wunder, dass bereits zwei weitere Staffeln in Auftrag gegeben wurden. Stoff genug gibt es ja: Bestsellerautor Volker Kutscher will die Handlung erst mit Band neun enden lassen, der 1938 spielt.

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