Bilder eines vergessenen Künstlers

15.4.2015, 19:40 Uhr
Bilder eines vergessenen Künstlers

© Horst Linke

Ernst wer? Es ist keine Bildungslücke, Ernst Weiers (1909-1979) nicht zu kennen. Obwohl er Meisterschüler von Paul Klee,  Kollege von Karl Schmidt-Rottluff, Heinrich Campendonck und Edvard Munch war und Deutschland bei der Venedig-Biennale vertreten hat, ist der Künstler heute weitgehend unbekannt. Der Zweite Weltkrieg bremste abrupt seine beginnende Karriere. Nach dem Krieg konnte er wie viele andere in der abstrakten Kunst nicht mehr wirklich Fuß fassen.

Erinnerungen des Grafen von Faber-Castell

Im Schloss Stein hat man dem vergessenen Maler jetzt eine umfassende Ausstellung gewidmet. Das hat auch ganz persönliche Gründe: „Ich selbst erinnere mich noch an die eindrucksvolle, aber eigenwillige Künstlerpersönlichkeit, die von Krieg und russischer Kriegsgefangenschaft geprägt war“, sagt Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell. Seine Eltern hatten die Werke des Malers und Zeichners seit den 50er Jahren für ihre Privatsammlung gekauft. Nach einer Retrospektive 2009 in Bernried, wo der Westfale ab 1949 lebte, sei es nun an der Zeit, Weiers wiederzuentdecken: „Unsere Ausstellung soll einen weiteren Schritt zur Würdigung eines Künstlers gehen, dessen Name und Werk heute zu Unrecht vergessen sind“, so der Graf.

 20 Ölgemälde aus fünf Jahrzehnten und 40 grafische Arbeiten aus den Kriegsjahren sind jetzt in den Räumen des Schlosses zu sehen. Die Grafiken aus dem Schlachtfeld sind erschütternd und sehr seltene künstlerische Zeugnisse direkt von der Front: Zeichnungen von zerstörten Landschaften, verkrüppelten Menschen, Gräbern, Aasvögeln in Ruinen. „Ich habe bisher wenig Vergleichbares gesehen“, betont Kuratorin Ulrike Hammad. Erstens zeugten diese Bilder von einem unglaublichen Mut des Künstlers, der es sogar wagte, die Nazi-Größen zu karikieren. Und zweitens sei es absolut erstaunlich, dass er es schaffte, diese Zeichnungen nach Hause zu schmuggeln. „Er faltete die Blätter, versteckte sie in seinen Stiefeln und bügelte sie dann wieder auf“, sagt Hammad, die den Castell’schen Privatbestand für die Ausstellung um zahlreiche Leihgaben ergänzt hat.

„Ich habe immer gemalt, im Krieg auf jeden Zettel, in der Schlacht bis vor dem Angriff. Wenn ich nicht mehr malen dürfte, müsste ich sterben“, sagte Weiers, als er Verfemung und missglückte Emigration in die Schweiz, Arbeits- und Ausstellungsverbot, Kriegsteilnahme und Gefangenschaft in Russland hinter sich hatte, wo er mangels Material mit abgebrannten Zündhölzern zeichnete.

Fische im Sonnen-Weiher

1949 kehrt er heim. Es entstehen auch in der Folge düstere Bilder wie die „Vögel im Morgengrauen“ über einer — wie es scheint — blutgetränkten Landschaft. Insgesamt aber werden seine Bilder heller, freundlicher, erinnern in ihrer gemäßigten Abstraktion und den menschenleeren, tierreichen Kompositionen vor allem an die Bildwelt von Franz Marc. Die Schönheit der ihn unmittelbar umgebenden Landschaft in Oberbayern, ihre Flora und Fauna sind fortan Weiers’ Thema, er malt Fische in sonnigem Weiher und Wildenten in dynamischer Bewegung. Unter anderem dieses fast drei Meter breite Gemälde hing 1960 im Deutschen Pavillon in Venedig. Für den Künstler, wie Katja Sebald im Katalog zur Bernrieder Retrospektive meint, mehr als ein beruflicher Erfolg: „Es ist, als ob die Natur nach und nach seine Seele geheilt hätte.“

Ausstellung im Faber-Castell-Schloss Stein, Nürnberger Straße 2. Geöffnet: 19. April, 17. Mai, 21. Juni, 19. Juli 11-17 Uhr, Führungen um 11.30 und 14 Uhr. Außerdem vom 22. April bis 15. Juli an jedem Mittwoch um 14 und 17 Uhr. Individuelle Führungen: 0 15 20/160 42 20.

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