Boysetsfire-Bassist freut sich auf "Heimspiel" in Nürnberg

1.10.2015, 19:40 Uhr
Boysetsfire-Bassist freut sich auf

© David Warren

Immer wieder liest man, wie wichtig es euch als Band ist, eine Message zu transportieren. Ihr seid politisch und sozialkritsich. War das schon immer so?
Robert Ehrenbrand: Ja, tatsächlich ist es eine der beiden Grundvorgaben, die von unseren Gitarristen Josh und Chad besprochen wurden als die beiden 1994 auf einer Veranda mitten im Nirgendwo in Delaware die Band gründeten. Die Band sollte eine starke Message haben und die Menschen zum Nachdenken anregen. Zudem sollte getourt werden, um dieser Message auch eine entsprechende Plattform zu bieten. Über Parties und ähnlich Nichtssagendes zu singen, stand somit von Stunde eins an nicht zur Debatte.

Was ist wichtiger, die Musik oder die Message?
Robert Ehrenbrand: Ich finde genau 50/50, wobei beides sich auch bedingt. Ein emotionales, authentisches und ergreifendes musikalisches Gerüst bereitet eine gute Grundlage für entsprechend bedeutungsvolle Texte und umgekehrt. Beides geht Hand in Hand.

Hattest du schon einmal das Gefühl, mit eurer Musik tatsächlich etwas erreicht oder verändert zu haben?
Robert Ehrenbrand: Ich kann das nur insofern beantworten, dass ich selbst radikale Veränderungen durchgemacht habe, die direkt von Musik beeinflusst wurden. Ich wurde zum Beispiel Vegetarier mit 17, als ich die CD "Mantra" der Band Shelter hörte. Ich habe mich auch, beeinflusst durch Bands wie Rage Against The Machine oder Public Enemy, intensiver mit politischen Themen beschäftigt. Ich bin also der lebende Beweis dafür, dass Musik sehr viel mehr sein kann als nur Unterhaltung. Ich glaube fest, dass Musik, kombiniert mit authentischen Texten, etwas bewegen kann. Oftmals vielleicht im sehr persönlichen,kleinen Bereich, aber bewegen tut sich dann ja dennoch etwas.

Welches Thema liegt euch derzeit am meisten am Herzen?
Robert Ehrenbrand: Ich denke man kann unsere Band nicht auf ein einziges Thema reduzieren, aber dennoch sehe ich gerade auf der neuen Platte das Thema "Befreiung" (zum Beispiel von spirituellen,religiösen Dogmen oder aber negativen persönlichen Situationen) als sehr präsent an. Genau wie das Thema, nicht aufzugeben und weiter für sich und andere einzustehen. Das kann man politisch oder aber ganz auf den persönlichen Bereich bezogen verstehen.

In Deutschland und Europa reißen die Diskussionen über die derzeitige Flüchtlings-Situation nicht ab. Wie bewertest du das, was da gerade passiert?
Robert Ehrenbrand: Ich finde es furchtbar, dass Menschen ihre Familien und ihre Heimat verlassen müssen, um ihr Leben zu retten. Und wie mit diesen Mitmenschen teilweise umgesprungen wird, ist einfach nur beschämend. Ich hoffe inständig, jeder versteht, dass das ganz schnell auch wir sein könnten, die mit Kindern im Arm vor einer Landesgrenze stehen. Ich kann nicht fassen, dass auch 2015 noch Idioten sich etwas einbilden, nur weil sie durch völligen Zufall in einem derzeit sicheren Land geboren wurden. Ich hoffe so sehr, dass die Leute sich besinnen und den Flüchtligen wo es nur geht helfen und sie unterstützen.

Euer Sänger Nathan war in den letzten Wochen alleine mit seinem Solo-Projekt - auch in Nürnberg - unterwegs. Wie ist das so als Bandmitglied, fühlt man sich da "zurückgelassen"?
Robert Ehrenbrand: Ich persönlich wurde sehr gern zurückgelassen. Ich war derweil im Familienurlaub (lacht). Im Ernst: Ich fühle mich überhaupt nicht zurückgelassen. Ich schätze es sehr, wie umtriebig und kreativ Nathan ist. Ich finde es einfach toll, dass er sich verschiedene Plattformen sucht für seine unterschiedlichen musikalischen und auch textlichen Einflüsse. Ich finde seine Solosachen überaus gelungen und auch live hat er es genial umgesetzt. Für mich selbst gilt derzeit, dass Boysetsfire mir als musikalisches Outlet völlig reicht. Meine überschüssige Energie stecke ich selbst lieber in meine Liebe zum Kampfsport, meinen Podcast "Kampfgeist" (zusammen mit dem Rapper Roger Rekless) und allen voran in meine Familie.

Ihr habt letztes Jahr bei Rock im Park in Nürnberg gespielt. Konntet ihr etwas von der Stadt sehen? Hat es dir in Nürnberg gefallen?
Robert Ehrenbrand: Ich war als Münchner natürlich schon unzählige Male in Nürnberg und mir gefällt es dort immer. Gerade das von Dir angesprochene Konzert bei Rock im Park 2014 war unglaublich. Wir konnten nicht fassen, wie viele Leute kamen, um uns anzuschauen, obwohl zur gleichen Zeit Iron Maiden auf der Hauptbühne gespielt haben. Das sind Momente, in denen man einfach nur dankbar ist für unsere vielen und tollen Supporter. Es war ein unvergesslicher Abend!

Wie kommt man als Bassist aus Bayern zu einer amerikanischen Band?
Robert Ehrenbrand: Das ist eine lange Geschichte (lacht). Ich kenne BSF bereits seit ihrer allerersten Europatour, da ich mit meiner alten Hardcore-Band My Hero Died Today teilweise die Vorgruppe auf dieser Tour war. Wir haben uns sehr schnell, sehr intensiv angefreundet und dann wurde ich zuerst als Roadie für die Band engagiert und kurz darauf auch als Bassist. Es ist schon ziemlich verrückt in die eigene Lieblingsband einzutreten (lacht), aber ich war wohl zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort

Dann ist ein Nürnberg-Konzert wie ein Heimspiel für dich, oder?
Robert Ehrenbrand: Auf dieser Tour ist es das hundertprozentig, da es der einzige Gig des Jahres in Bayern ist. Ich werde sehr viele Freunde und Familie aus München in Nürnberg zu Gast haben und es ist definitv ein Auftritt, auf den ich mich besonders freue. Aber auch ohne diesen Heimspielfaktor war Nürnberg immer eine tolle Stadt für uns, sei es im Löwensaal oder auch im Hirsch. Wir spielen unglaublich gern bei euch.

Ihr habt dieses Jahr das "Family First Festival" (FFF) in Köln initiiert. Wie kommt eine internationale Band auf die Idee, das Ganze in Köln aufzuziehen?
Robert Ehrenbrand: Initial kam die Idee durch unseren Manager und spirituellen Führer Oise. Er zwingt uns quasi zu Sachen, die wir dann im Nachhinein als großartig ansehen (lacht). So war es beispielsweise auch bei der Jubiläumstour. Wir hatten schon etwas geächzt, ob der zu lernenden 100 Lieder, aber die Tour war grandios und etwas ganz besonderes. Wir vertrauen Oise zu huntert Prozent und als er mit der Idee zum FFF kam, waren wir sofort begeistert. Die Idee, anstatt eines normalen "Festival Sommers" nur ein einziges Festival (nämlich unser eigenes) mit eng befreundeten Bands zu spielen, stieß sofort auf große Zustimmung. Und es war dann noch weit besser als alle Erwartungen, Träume und Wünsche. Ein für uns denkwürdiger Abend.

Seit 2013 haben wir auf ein neues Album gewartet. Jetzt ist das neue Werk "Boysetsfire" unter eurem eigenen Label erschienen.
Robert Ehrenbrand: Unser Album erschien am 25.9. weltweit und wir freuen uns riesig über das neue Release. Dies gilt es mit einer anständigen Europatour auch gebührend zu feiern.

Was hat sich im Vergleich zu "While A Nation Sleeps" geändert?
Robert Ehrenbrand: "Boysetsfire" ist das finale Ergebnis des jahrelangen Befreiungsschlages. Im Vordergrund stand der Fokus auf unsere eigenen Stärken, was uns nicht immer leicht gefallen ist. Die mitreißende Aufbruchstimmung, die sich seit Jahren um uns zusammenbraute, entlädt sich in 13 Songs. Im Gegensatz zum wütenden Vorgängeralbum ist es optimistischer. Wenn man so will, ist das selbstbetitelte Album die helle Schwester des düsteren "While A Nation Sleeps".

Worauf können sich die Nürnberger Fans am 7.10. besonders freuen?
Robert Ehrenbrand: Auf eine Band, die begeistert, ist noch zusammen zu spielen und zu touren. Auf viel Schweiß, viel lautes Singen und Schreien und viel Herz. Damit meine ich das Publikum genauso wie die Band.

Boysetsfire spielen mit Silverstein am 7. Oktober im Löwensaal in Nürnberg.

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