"Das verschwundene Kind" im Check: So war der Lindholm-"Tatort"

3.2.2019, 21:45 Uhr

© pr_by NDR/Christine Schroeder

Um was geht’s? Der Hausmeister eines Gymnasiums entdeckt Blutlachen in einem stillgelegten Trakt der Sporthalle. Untersuchungen belegen, dass hier eine Frau ihr Kind unter mysteriösen Umständen zur Welt gebracht hat. Manches am Tatort deutet zudem auf ein Verbrechen hin. Lindholm verfolgt schon bald eine heiße Spur zur Mutter, ihrem Neugeborenen und mehreren verdächtigen Männern.

Was passiert noch? Wegen der Fehler im Laufe des letzten Einsatzes hat man Lindholm dauerhaft versetzt. Dieser Neustart in der Provinz ist ein Graus für die Einzelkämpferin. Die selbstsichere Frau muss nun im Team arbeiten. Da sind Scharmützel vorprogrammiert. Vor allem dann, wenn sich unter den neuen Kollegen eine ebenso starke Persönlichkeit wie Anaïs Schmitz tummelt, die damit die erste schwarze Ermittlerin im "Tatort" ist.

 

 

Kollegin oder Kontrahentin? Das muss Lindholm erst noch herausfinden. Fakt ist, dass die von Florence Kasumba gespielte zweite Kommissarin viel Körperlichkeit in den "Tatort" einbringt, permanent unter Strom steht und ihre Filmfigur ein Füllhorn an Erzählstoff für zukünftige Folgen in sich zu bergen scheint.

Die Idee hinter der Handlung: Die Geschichte spielt vor dem Hintergrund von etwa 1600 Fällen pro Jahr, in denen weder die werdenden Mütter noch deren unmittelbare Umgebung von einer Schwangerschaft Notiz nehmen und sie daher manchmal bis zur Geburt verdrängen. Viele Babys kommen in der Folge ums Leben. Franziska Buchs Film beleuchtet eine solche Katastrophe.

Die Lektion des Films: Einen Teller heiße Hühnerbrühe zu schlürfen, hilft bei einer Erkältung. Wenn jedoch Teile der Plazenta nach einer Geburt in der Gebärmutter verbleiben, hilft eher der Gang zum Arzt.

Die heftigste Szene des Films: Sie spielt sich in der Pathologie ab. Vier Menschen blicken betroffen auf ein erloschenes Leben. Die Kamera bleibt aber nicht etwa in den Gesichtern der Ermittler kleben, sondern lässt den Zuschauer am Anblick des Todes teilhaben. Das tut weh.

Der Spruch des Films: Gerd Liebig, Lindholms neuer Chef, bringt es auf den Punkt, indem er die vom LKA geschasste Fahnderin als eine "Königin ohne Reich" tituliert. Aufgrund der Versetzung ist der Kommissarin ihr Reich abhanden gekommen. Jetzt bleibt ihr nur noch dieser Rest an Arroganz übrig, den vom Thron Gestürzte oft an den Tag legen.

Unser Fazit: "Das verschwundene Kind" ist ein andersartiger "Tatort". Denn das von Franziska Buch behutsam erzählte menschliche Drama folgt keinem gängigen Krimi-Muster. So bezieht der ein emotionales Thema aufgreifende Film seine Spannung weniger aus der Jagd nach dem Kind und dem Säugling. Vielmehr ist es das schrittweise Aufdröseln einer konfliktbeladenen Familiensituation, was Lindholms Einsatz auf neuem Terrain bis zum Ende kaum vorhersehbar und demzufolge sehenswert macht. Dafür gibt es eine Zwei.

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