"Der Brexit war eine schlechte Entscheidung"

17.3.2017, 15:05 Uhr

© Foto: Szadkowska

Mr. Wilson, Sie haben letztes Jahr gleich zwei neue Solo-Alben veröffentlicht. Wie ist es dazu gekommen?

Ray Wilson: Eigentlich hatte ich damit begonnen, ein Album für meine Band Stiltskin zu schreiben, konnte aber lyrisch keinen passenden Zugang dazu finden. So habe ich meinen Gitarristen und Co-Autor Uwe Metzler gebeten, mit mir einige akustische Ideen zu verwirklichen. Das war der Startschuss für das erste Album "Song For A Friend". Das zweite Album "Makes Me Think Of Home" habe ich mit dem Produzenten Peter Hoff ausgearbeitet. Es basiert auf diversen Musical-Ideen, die sich in den letzten Jahren angesammelt haben.

 

Was lässt Sie als Schotte im polnischen Exil an Ihre Heimat denken?

Wilson: Wenn ich ehrlich bin, denke ich gar nicht oft an meine alte Heimat. Ich bin ein glücklicherer Mensch, seit ich Schottland verlassen habe und in Polen lebe. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Schottland ist ein wunderschönes Land und die Leute dort sind wahrhaftig, echt und wirklich witzig. Ich habe einfach meinen Frieden woanders gefunden. Ich weiß gar nicht genau warum – es ist nur so ein Gefühl . . .

 

Warum haben Sie Ihre alte Heimat Schottland überhaupt verlassen?

Wilson: Der Liebe wegen: Ich habe mich in ein polnisches Mädchen namens Gosia Mielech verliebt. Sie ist Tänzerin, lebt in Posen und ich wollte einfach dauerhaft bei ihr sein. Daher bin ich vor etwa acht Jahren nach Polen gezogen.

 

Was denken Sie über die Brexit-Entscheidung als Exil-Brite in Polen?

Wilson: Ich denke, es war eine schlechte Entscheidung für Großbritannien und für Europa. Ich schätze den Grundgedanken der EU, auch wenn sicher vieles nicht perfekt ist. Aber was ist schon perfekt? Schon der jüngst verstorbene Leonard Cohen dichtete: There’s a crack in everything, that’s how the light gets in. Der Aufschwung der politischen Rechten macht diese Welt dunkler und kälter. Liberal gesinnte Menschen müssen dieser wenig erfreulichen Entwicklung machtvoll, aber friedlich entgegentreten. Ich hoffe einfach, dass vernünftige politische Kräfte in Großbritannien und der EU einen gemeinsamen Weg für uns alle finden werden. Ein Trennung wäre doch das Letzte.

 

Apropos: Sie waren der letzte aktive Sänger bei Genesis bis zur Trennung 1999. Glauben Sie, dass es 50 Jahre nach der Bandgründung noch einmal eine Wiedervereinigung geben wird?

Wilson: Nein, ich denke nicht, dass es dazu kommen wird, auch wenn es sicher eine gute Idee wäre. Selbst wenn es soweit käme, wäre ich daran sicher nicht beteiligt. Sie schaffen es ja nicht einmal, zu ihrem ehemaligen Gitarristen Steve Hackett eine freundschaftliche Beziehung aufzubauen. Dabei haben lediglich Steve Hackett und ich mit unseren Projekten die Legende Genesis in den letzten Jahren überhaupt am Leben gehalten.

 

Warum gehen Sie überhaupt mit einem Genesis-Projekt auf Tournee, wo Sie doch gerade zwei neue Alben veröffentlicht haben?

Wilson: Auch wenn das Bühnenprogramm "Genesis-Classic" heißt, haben wir noch nie eine Show nur mit Genesis-Songs gespielt. Gerade jetzt, mit den zwei neuen Alben im Gepäck, werden wir einige neue Songs finden, die gut ins Set passen und den Fans gefallen dürften. Mein Publikum ist sehr gemischt und genauso halte ich es mit dem Programm. Das Wichtigste ist, gute Songs auf die Bühne zu bringen, mit jeder Menge Energie und Gefühl.

 

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