"Die Berufung": Juristin mit Kämpfergeist

7.3.2019, 08:54 Uhr

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Hätte sich der deutsche Verleih zu einer dem englischen Filmtitel "On the Basis of Sex" adäquaten Übersetzung durchringen können, wüsste man sofort, womit sich RGB – so ihr Kürzel für Freund und Feind – Zeit ihres Juristendaseins beschäftigt. In der Spielfilmfassung, zu der RGBs Neffe Daniel Stiepleman das Drehbuch lieferte, geschieht das Erweckungserlebnis zum Thema "geschlechtsbedingte Diskriminierung" bei Ruth, dargestellt von der Oscar-nominierten Felicity Jones, während der Aufnahmerituale zur Harvard Law School 1956. Seit sechs Jahren dürfen dort Frauen studieren, in Ruths Jahrgang sind es neun unter 500 Männern, und sie werden von den dort lehrenden Göttern der Gerechtigkeit wie verirrte Dummchen behandelt.

Was Ruth Bader Ginsburg, aufgewachsen in Brooklyn, nicht davon abhält als Jahrgangsbeste abzuschließen, neben der Erziehung ihrer Tochter und der Pflege ihres vorübergehend an Krebs erkrankten Mannes Marty (Armie Hammer). Was klingt wie eine Passionsgeschichte, war wohl eher eine clever funktionierende Kooperation des Ehepaares. Sie, ausgestattet mit fachlicher Brillanz und Sturheit, er mit heiterer Gelassenheit und einem großen Geschick als Steueranwalt.

Regisseurin Leder illustriert die Hürden der Anfangsjahre – nur Ablehnungen von Rechtsanwaltskanzleien, eine Professur mit wenig Reputation – ohne Schmalz. Sie verkneift sich das auch, als Ruth, mittlerweile in der Bürgerrechts- und Friedensbewegung der 70er angekommen, die Chance zu einem Prozess vor einem Revisionsgericht in Denver bekommt: Die Chance, einen weitreichenden Präzedenzfall für Geschlechtergerechtigkeit zu schaffen. Ironischerweise ausgehend vom Fall eines Junggesellen, der seine alte Mutter pflegt, und dafür dieselben Steuervorteile für sich beansprucht, wie sie das Gesetz bislang nur für pflegende Frauen vorsieht. Eine alberne Regelung, doch die Revisionsrichter sehen ganze 187 ähnlich geschlechtsspezifisch argumentierende Bundesgesetze wanken . . .

Ein kluger, spannender Film, der ohne viel Pathos daran erinnert, wie vor nicht allzu langer Zeit gerade mal die ersten Schritte zur Gleichberechtigung erkämpft wurden. (USA/120 Minuten)

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