"Die Dasslers" beim Münchner Filmfest ausgezeichnet

28.6.2016, 19:38 Uhr

© ARD Degeto

Mit Christian Friedel ("Elser") und Hanno Koffler ("Härte") verkörpern zwei markante Charakterdarsteller die Herzogenauracher Sportschuhpioniere Adolf und Rudolf Dassler. Der geniale Tüftler und das umtriebige Verkaufstalent, die sich perfekt ergänzten, aber nach dem gemeinsamen Aufstieg in den 1920er Jahren am Ende des Zweiten Weltkriegs zu erbitterten Konkurrenten wurden.

Die Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert verzichten auf jede Landschaftsidylle. Wirkt die RTL-Verfilmung oft wie ein weichgezeichnetes Hollywood-Melodram, so ist "Die Dasslers" weit näher an der Realität des bescheidenen Haushalts eines Filzpantoffelherstellers, in dem die späteren Weltkonzernleiter aufwuchsen. Der Film nimmt zudem die persönliche Tragödie der Brüder vorweg: Während des WM-Spiels 1974 in Hamburg erreicht Adolf der Anruf, dass sein Bruder eine Lungenblutung erlitten hat. Doch Adolf nimmt die letzte Gelegenheit zur Versöhnung nicht wahr.

Wenig Glamour, viel Glaubwürdigkeit

Weniger Glamour also, dafür mehr Glaubwürdigkeit. Zwar gleichen die Panorama-Bilder der Stadtkulissen - gedreht wurde in Prag, Nürnberg und Herzogenaurach - großen Fotoprospekten. Die spannende Inszenierung und die starke Figurenzeichnung machen das aber locker wett.

Zentrum der Familie bleiben lange die herzensguten Eltern (Joachim Król, Johanna Gastdorf). Dass die Chemie zwischen den Ehefrauen der Brüder nicht stimmt, wird von Hannah Herzsprung als kluge, aber zunehmend verhärmte Gattin des Womanizers Rudi, und Alina Levshin als geschäftstüchtige Frau Adis überzeugend dargestellt. Obwohl die Beziehung der Brüder davon nicht unberührt bleibt, verfolgen sie weiter ihren Traum, "dass die besten Sportler der Welt unsere Schuhe tragen werden".

Als die Nazis an die Macht kommen, ist der Parteieintritt selbstverständlich. Erst als Rudi zum Krieg eingezogen wird und Adi, als unabkömmlich eingestuft, fortan Panzerfäuste produzieren muss, reifen Neid und Eifersucht bis hin zum gegenseitigen Verdacht des Verrats.

"Die Dasslers" macht an diesem wunden Punkt den Grund für die Entzweiung der Brüder fest. Nimmt man Christian Friedel den Wandel vom eigenbrötlerischen, visionären Adi zum egomanischen Geschäftsmann nicht ganz ab, so macht Hanno Koffler, der anfangs arg großspurig auftritt, aus Rudi die interessanteste Figur, einen gebrochenen Charakter.

Bruch der Brüder

Anders als die RTL-Verfilmung endet die ARD-Produktion nicht mit der Aufspaltung des Unternehmens in die Weltkonzerne Adidas und Puma, sondern nimmt auch die Zeit danach ins Visier, als die Söhne das Ruder übernehmen und das schmutzige Geschäft mit dem Fußball beginnt. Der Boden dafür wird noch unter den Gründern bereitet, als Sepp Herberger für die in Bern im legendären WM-Finale 1954 antretende Nationalmannschaft kostenlose Puma-Schuhe und tausend Mark monatlich für sich verlangt. Rudi lässt ihn abblitzen, Adi zahlt. Wie die Söhne den unsportlichen Deal bis auf einen ersten Höhepunkt treiben, das zeigt der Film in grotesk-gruseligen Hinterzimmerszenen - eine Zäsur, die den Sport grundlegend verändert hat.

In München gab es für die zweiteilige Familiensaga "Die Dasslers" prompt den mit 25.000 Euro dotierten Bernd Burgemeister Fernsehpreis für die Produzenten Max Wiedemann, Quirin Berg und Susanne Hildebrand. Es werden wohl noch weitere Preise folgen - nach der Ausstrahlung im Frühjahr 2017. Warum die ARD Degeto damit so lange wartet, bleibt das Geheimnis der Programmplanung.

Das Filmfest München läuft noch bis 2. Juli.

Verwandte Themen


Keine Kommentare