Dramatisch: Neuer Kölner "Tatort" liefert solide Krimi-Kost

6.5.2018, 21:45 Uhr
Dramatisch: Neuer Kölner

© WDR/Thomas Kost

Wie immer so richtig schön weichkochen wollten Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) ihren Hauptverdächtigen im vergangenen Fall, den die ARD Mitte März ausstrahlte. Doch diesmal mochte die bevorzugte Vorgehensweise der Kommissare, dem Delinquenten mittels ermüdender und schier nie enden wollender Verhörrunden ein Geständnis abzuringen, einfach nicht aufgehen.

Somit präsentierte Regisseur Sebastian Ko den weit über zehn Millionen Zuschauern eine für Kölner Verhältnisse höchst ungewöhnliche Episode. Der die meiste Spielzeit nicht chronologisch erzählte Film zeigte zwei Kommissare, die plötzlich zu scheitern drohten. Ballauf trieb das in eine regelrechte Midlife Crisis, was dazu führte, dass er sich nun täglich früh morgens im Hallenbad den Frust und die Wut aus dem Körper kraulte.

Weil Schenk ein gewisses Maß an Einfühlungsvermögen abging, und er daher wenig Verständnis für das Verhalten seines plötzlich so launigen Partners aufbringen konnte, kamen sich die Kumpel-Cops im Laufe der Ermittlungen immer mehr in die noch übrig gebliebenen Haare. Erst zum Ende hin kehrte wieder so etwas wie Ruhe und Frieden im Kommissariat ein, wo mit Jütte (Roland Riebeling) ein neuer Assistent seinen Dienst antrat.

Familie durchlebt Alptraum

"Familien" ist dagegen wieder eher typische Kölner Krimi-Kost und somit ein klassischer Ermittler-"Tatort". Cop Ballauf zieht keine Bahnen mehr und die Sinnkrise scheint überwunden. Trotzdem weist die aktuelle Episode einige Parallelen zu "Mitgehangen" auf. Schließlich steht abermals eine gewöhnliche Familie im Mittelpunkt, die durch gewisse Umstände einen Alptraum durchlebt und letztendlich auseinander bricht.

So ganz nebenbei zeigt Regisseurin Christine Hartmann damit, dass es nicht immer die ganz großen, in der Gesellschaft gerade heiß diskutierten Themen braucht, um daraus einen "Tatort" zu formen. "Familien" beschäftigt sich also weder mit einem in die Luft gesprengten Populisten noch mit einem möglichen Kriegsverbrecher, der unter falscher Identität in Deutschland lebt.

Hartmanns erste Arbeit für den Kölner Ableger beginnt mit dem Tod von Ivo Klein, der auf dem Nachhauseweg seines Junggesellenabschiedes überfahren wird. Die Theorie, dass es sich dabei lediglich um einen tragischen Unfall handelt, ist schnell vom Tisch. Außerdem finden die Beamten neben dem Toten eine Reisetasche, die mit einer halben Million Euro gefüllt ist.

Darauf sichergestellte Fingerabdrücke führen Ballauf und Schenk in die riesige Villa des renommierten Wirtschaftsanwalts Rainer Bertram (Hansjürgen Hürrig). Der ältere Herr gesteht den Ermittlern, die in dieser Folge sämtliche Strecken mit einem hübschen alten Erdbeerkörbchen zurücklegen, er habe das Geld für eine Lösegeldforderung deponiert, da seine Enkelin Opfer einer Entführung geworden sei.

Viele Verhöre, viele Fragen

Kölns Kommissare rollen mit den Augen, ziehen die Brauen hoch und beginnen mit der Ermittlungsarbeit. Dabei lernen sie zwei Familien kennen, deren Schicksale eng miteinander verknüpft sind, auch wenn das auf den ersten Blick wenig ersichtlich ist. Die Folge sind unendlich viele Verhöre mit den stets gleichen Fragen. Als i-Tüpfelchen fungiert eine kleine Verfolgungsjagd quer durch die Domstadt, bei der Ballauf die durch das Schwimmtraining wiedererlangte Kondition sehr zugutekommt.

Trotzdem muss Schenk zähneknirschend feststellen: "Die lügen doch alle". Recht hat er, denn die beteiligten Personen tischen den Fahndern große Töpfe gefüllt mit übel riechenden Halbwahrheiten auf. Das müssen die Protagonisten aber, sollen die diversen pikanten Geheimnisse weiterhin unter Verschluss bleiben.

Auch wenn "Familien" kein besonderer "Tatort" ist, von dem die Welt noch in ein paar Monaten in den höchsten Tönen spricht, vermag er dennoch zu unterhalten. Autor Christoph Wortberg entwirft ein nachvollziehbares und durchaus realistisches, bis zur Auflösung einigermaßen spannendes Familiendrama. Es zeigt, was passieren kann, wenn "ein einziges Dominosteinchen, das vor Jahren schief gestellt wurde, kippt und alle anderen mit ins Verderben zieht" und was dabei herauskommt, wenn man nicht miteinander spricht.

Musikalisch untermalt wird dieser Krimi, der sich nach und nach immer mehr zur Tragödie wandelt, mit sehr schönen und stimmigen Tönen von Komponist Fabian Römer. Teils stammen die Klänge aus seiner Feder, teils fügt der Schweizer aber auch bestehende Werke wie beispielsweise ein Stück des britischen Neo-Klassik-Stars Max Richter in den Score ein.

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