Düster und emotional: So war der Sterbehilfe-"Tatort"

18.9.2016, 21:45 Uhr
Düster und emotional: So war der Sterbehilfe-

© ARD Degeto/SRF/Daniel Winkler

Gisela Aichinger (Barbara Magdalena Ahren) leidet an Parkinson im Endstadium. Gezeichnet von Schmerz und Qual will sie ihrem Leben ein würdevolles Ende bereiten, solange sie noch selbst dazu in der Lage ist. Was in Deutschland nicht geht, läuft in der Schweiz liberaler ab. Gemeinsam mit ihrer Tochter Daniela reist die Kölnerin nach Luzern, wo die Organisation "Transitus" Sterbebegleitungen anbietet.

Zum Sterben in die Schweiz

Wie ein selbstbestimmter Tod in der Schweiz aussieht, zeigt Regisseurin Sabine Boss gleich zu Beginn ihres Films recht anschaulich. Eindringliche Bilder begleiten die letzten Minuten einer lebensmüden Frau, die dem Leben keinen Wert mehr abgewinnen kann. Auf Musik wird zumeist verzichtet. Daher mutet es fast dokumentarisch an, wenn Einrichtungsleiterin Helen Mathys (Ruth Schwegler), der Sterbewilligen noch einmal alle Formalitäten erklärt, Assistentin Nadine Camenisch (Anna Schinz) die Videokamera aus juristischen Gründen anstellt und Gisela Aichinger schließlich die tödliche Dosis Natrium-Pentobarbital verabreicht bekommt. Wenige Augenblicke später ist die alte Dame tot.

Das ist traurig und geht unter die Haut. Doch noch ist es kein neuer Fall für Reto Flückiger (Stefan Gubser) und seine Kollegin Liz Ritschard (Delia Mayer). Die Betonung liegt auf noch. Denn nur wenige Stunden nach dem Freitod von Gisela Aichinger wird die Leiche von Helen Mathys gefunden. Weil "Transitus" im Dauerclinch mit Pro Vita, einer Gruppe radikaler Sterbehilfegegner, liegt, rücken sogleich deren Mitglieder in den Fokus der polizeilichen Ermittlungen.

Allen voran Josef Thommsen (Martin Rapold), ein schmieriger Gutmensch par excellence. Komisch nur, dass der Vorzeigefamilienvater von seiner schwangeren Bürohilfe fordert, das von ihm stammende und unter ihrem Herzen heranwachsende Kind abzutreiben. Als auch noch Martin (Martin Butzke), der geistig verwirrte Sohn von Gisela Aichinger, in Luzern auftaucht und betont, nichts von den Sterbeplänen seiner Mutter gewusst zu haben und nach Rache sinnt, gerät er ebenfalls unter Tatverdacht.

Schwerer Stoff, düstere Bilder

Letztendlich präsentiert Sabine Boss aber einen Täter, den bis kurz vor Schluss keiner so recht auf dem Zettel stehen hatte. Somit bleibt "Freitod" bis zuletzt spannend, auch wenn der Film selbst wenig reißerisch erzählt wird. Der elfte Fall von Flückiger und Ritschard kleidet einen schweren Stoff in düstere Bilder. Etliche Szenen spielen in Dunkelheit oder in abgedunkelten Räumen. Licht spenden oft nur Kerzen oder eine Taschenlampe. Dazu passt die Witterung. Die Kommissare ermitteln unter einem stets wolkenverhangenen Himmel aus dem es oft wie aus Kübeln gießt.

Ein in sich stimmiger, emotionaler Krimi, der zwar kein völlig neues Thema anpackt und auch keine völlig neue Sichtweise darauf offenbart. Dennoch machen die Schweizer ihre Sache gut. Allen voran die "Tatort" erfahrene Jungschauspielerin Anna Schinz als Todesengel und Martin Butzke als psychisch kranker Mann, der Plastiktüten behangen durch Luzerns Straßen irrt. Einziger leidiger Kritikpunkt bleibt die malade Teilsynchronisation. Aber auch das ist nichts neues. Man hat sich ja fast schon daran gewöhnt.

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