Ein Actionheld des Jazz

9.11.2015, 18:10 Uhr
Ein Actionheld des Jazz

© Foto: Stefan Hippel

Ein Actionheld des Jazz

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Welch Multitalent ist doch der Schwede Christian Lindberg! Mit saftiger Klangintensität lässt er die Tonkaskaden auf seiner Posaune nur so sprudeln – wahrlich ein Paganini seines Instruments. Über 300 Werke hob er für die Posaune aus der Taufe, 30 stammen aus seiner kompositorischen Feder. Doch versteht er sich nicht nur auf akrobatische Blaskünste, sondern pflegt auch gestenreich das pultlenkende Business, so als Chef der norwegischen Arctic Symphony. Nürnbergs Symphoniker haben ihn besonders ins Herz geschlossen. Am Sonntag sprintet er im silbergrauen Jackett aufs Podium, um den großen Jean Sibelius zu dessen 100. Geburtstag zu ehren. Dass seine sinfonische Landschaft nicht zur knalligen Buntpostkarte aus finnischen Gefilden werden muss, führen die Symphoniker in der „Karelia-Suite“ vor. Ungebrochen melodienfreudig tönt es aus diesem frühen Sibelius, der im Zeichen von Unabhängigkeitsbestrebungen seines Landes lebendige musikalische Bilder porträtierte.

Auch der 1911 geborene, schon frühzeitig zum Outsider gestempelte Allan Pettersson erhält in den programmatischen Streifzügen durch nordische Gefilde eine Chance. Allein 17 Sinfonien, durchwegs hochemotional durchpulst, alle frei atonal komponiert und durchbrochen von depressiv verlaufenden Kurven, fixieren den kompositorischen Standort. Das Fragment-Konvolut der ersten Sinfonie brachte Christian Lindberg in eine spielbare Fassung, die in einer schmerzhaft chromatisch sich aufbäumenden Sprache späteres sinfonisches Material wetterleuchten lässt. Akkurat bringen die Symphoniker den nach Takt 419 abbrechenden Torso zum zwingenden sinfonischen Fazit.

Begeisterung weckte dagegen vor der Pause schallkräftig posaunische Bläserei. Die stellt Christian Lindberg und der ihn auf seinen Exkursionen begleitende Jazz-Action-Held Nils Landgren – wegen der Instrumentenfarbe „Mr. Red Horn“ genannt – unbeschwert ins Virtuosenfenster. Vibrierende rhythmische Riffs machen das von Fredrik Högberg spielfreudig ausstaffierte einsätzige „Konzert für zwei Posaunen und Orchester“ zum umjubelten Show- Act. Wie die Solisten ihre „Posaunen-Züge“ trickreich zum Duett zusammenkoppeln, dazu noch dirigieren, auf Englisch palavern, ihre geläufigen Gurgeln aktivieren und mit „speed trip“ faszinieren, macht sie zu fabulösen Akrobaten eines pseudojazzigen Klamauks.

Zu guter Letzt verbindet Peter Tschaikowskys Fantasie-Ouvertüre „Romeo und Julia“ temporeich kontrastgeschärfte Steigerungen und weich fließende Kantilenen im gut funktionierenden Zusammenspiel der Symphoniker. Begeisterter Applaus.

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