Eine Frage der Gestaltung

1.5.2017, 19:30 Uhr

Den Auftakt bildete das filgran und ätherisch gehaltene "Insula deserta" aus der Feder des baltischen Komponisten Erkki-Sven Tüür. Wie ein Streifzug durch die Kompositionsstile der Postmoderne erscheint dieses Werk, wenn es nach clusterhaftem Beginn an Fahrt aufnimmt, um in verschiedenen Ausprägungen der Minimal Music am Ende wieder in eine Anmutung nordischer Transzendenz zurückkehrt.

Diese Sehnsucht nach dem Norden lebt Lars Vogt seit 2015 als Chefdirigent der Royal Northern Sinfonia aus. Ob der in Newcastle geborene und aufgewachsene Rocksänger Sting von dem in dieser Stadt gegründeten Orchester jemals musikalisch beeinflusst wurde, ist nicht bekannt. Tatsache bleibt, dass dieses Orchester mit dem Sage Gateshead seit etwa 10 Jahren über ein architektonisch auffälliges wie modernes Konzerthaus verfügt. Ihre Majestät, die Königin von England, verlieh erst vor 3 Jahren dem Klangkörper das Privileg, das "Royal" im Namen zu führen.

Kleine Gefälligkeiten bereichern das Musikleben. Das war auch schon bei Beethoven nicht viel anders, dessen Tripelkonzert op. 56 einen angeblich etwas leichter zu bewältigenden Pianopart eigens für Erzherzog Rudolph enthielt. Fraglos haben Anna Reszniak, Konzertmeisterin der Nürnberger Symphoniker, und die junge, nicht minder begabte Russin Anastasia Kobekina am Cello gut zu tun, um in den rasenden Passagen Dialogfähigkeit zu wahren, was Beiden staunenswert gut gelingt. Auch Lars Vogt kann sich in diesem Werk keine Nachlässigkeiten an den Tasten leisten und hat die Symphoniker vom Flügel aus nicht nur gut im Blick, sondern auch unter Kontrolle.

Ein kleines kammermusikalisches Trio aus der Feder Dvoraks schenkt man dem Publikum als Zugabe vor der Pause. Es waren wohl die schönsten Augenblicke des Konzertes. Über die sich anschließende 5. Symphonie Antonin Dvoraks ist man geteilter Meinung. Nicht wenige halten dieses Werk für ein Frühwerk, dem die Reife und Meisterschaft der späteren Symphonien noch abgeht.

Wurde schon erwähnt, dass die Northern Sinfonia ursprünglich als Kammerorchester an den Start ging? Lars Vogt mag es gelingen, mit seinem Nimbus eines Ausnahmepianisten die besten Sänger an die englische Küstenstadt zu locken. Als Dirigent ist die musizierende Interaktion und Gestaltungskraft mit einem Orchester noch ausbaubar.

Womit wir mit dem Stichwort Gestaltung vor der Auflösung der eingangs gestellten Frage stehen. Die Konzerthalle am Ufer des Tyne, in der Lars Vogt seine Royal Northern Sinfonia leitet, baute kein Geringerer als Sir Norman Foster.

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