Endlich wieder "Tatort": Vier Tote in Köln

21.8.2016, 21:45 Uhr
Männlich und Rechtshänder: Das haben Gerichtsmediziner Dr. Joseph Roth (Joe Bausch, m.) und die Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt, r.) und Schenk (Dietmar Bär) nach der Obduktion raus.

© WDR/Martin Valentin Menke Männlich und Rechtshänder: Das haben Gerichtsmediziner Dr. Joseph Roth (Joe Bausch, m.) und die Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt, r.) und Schenk (Dietmar Bär) nach der Obduktion raus.

Eine ziemlich lange "Tatort"-Sommerpause findet mit dem 67. Fall von Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) endlich ein Ende. Während im Zweiten die Sportler bei Olympia ihren Kehraus feiern, haben die rheinischen Ermittler Wichtigeres zu tun. Sie fahnden nach einem Mörder, der die Frau und den Sohn von Sven Habdank (Alexander Beyer) in ihrem eigenen Haus brutal ermordet hat. Nur die achtjährige Tochter Anna überlebt schwer traumatisiert. Sie hat dem Täter in die Augen gesehen und seine auffälligen Sportschuhe im Gedächtnis. Doch über die Morde reden mag sie nicht.

Ein dramatischer Beginn, den Kameramann Gunnar Fuss mittels hübscher Slow-Motion-Technik einfängt und den der Hauskomponist des WDR mit sanften Pianomelodien unterlegt. Gänsehautmomente. Leider eher Ausnahme als Regel in diesem "Tatort" aus Köln. Zu schnell verliert Dagmar Seumes zweite Regie-Arbeit für Schenk und Ballauf an Tempo. Erst zum Ende hin entsteht wieder Spannung: Schenk liefert sich eine für Kölner Verhältnisse furiose Verfolgungsjagd mit dem flüchtigen Täter. Doch seltsamerweise tummeln sich auf der kleinen Landstraße keine weiteren Verkehrsteilnehmer. Aber egal. Fakt ist, dass man so viel Körpereinsatz beim sonst so gemütlichen Bullen eher selten zu Gesicht bekommt.

Zwei Cops, zwei Meinungen

Dazwischen dominiert das für den Kölner "Tatort" typische Gerede. Schenk und Ballauf stellen standardisierte Fragen wie: "Wo waren sie zur Tatzeit?" Daneben sind sie sich uneins, wie sie mit der traumatisierten Anna verfahren sollen. Familienvater Schenk macht auf verständnisvoll und setzt das traurige Gesicht auf. Dauersingle Ballauf dagegen haut drauf. Er will die Kleine am liebsten sofort mittels eines Psychologen zu einer Aussage zwingen. So viel Uneinigkeit schlägt auf den Magen. Die obligatorische gemeinsame Currywurst? Fällt hier ins Wasser.

Leider arbeitet Regisseurin Seume all zu oft mit den üblichen Zusätzen für einen Krimi dieser Art. Gemeinsam mit Autor Norbert Ehry entwickelt sie nicht nur standardisierte Dialoge. Sie präsentiert mit dem eifersüchtigen Ehemann, dem heimlich in die Tote verliebten Schwager und der neidischen Familie von Schwester Hilde ein paar zu obligatorische Verdächtige. Auch zwei weitere Tote bringen die Geschichte nicht voran. Darüber hinaus befördert Seume noch ein wenig Sozialdrama über die bröckelnde Fassade der deutschen Mittelschicht ans Tageslicht. Am Ende geht es also mal wieder ums Geld. Auch beim Motiv.

Finten, die vom eigentlichen Geschehen ablenken sollen, dürfen da ebenfalls nicht fehlen. Wie die von Ole Winthir. Einem freien Journalisten, der mächtig Wut auf die lokalen Steuerbehörden schiebt. Nachdem der Fiskus in Person von Sven Habdank den Geldbeiseiteschieber am Haken hat, rächt der sich auf seine Weise mit einer BND-Enthüllung.

"Steuern sind eben Bürgerpflicht", schreibt ihm der gesetzestreue Schenk ins Stammbuch. "Bürgerpflicht?", Winthir (Peter Bendict), der aufgebrachte Schreiber, schüttelt aufgebracht den Kopf. "Das ist Piraterie", schreit er unverhohlen heraus. Dieser Seitenstrang ist nicht nur unnötig, sondern auch ziemlich langweilig.

Schwitzende Kommissare

Dass der erste Fall nach der langen Sommerpause trotzdem sehenswerter ist als jede Golf-Übertragung von den Olympischen Spielen in Rio, liegt vor allem an der formidablen Musik, die Dagmar Seume in Auftrag gegeben hat. Neben den betont seichten Pianoläufen, die für aufgestellte Nackenhärchen sorgen, kurbelt die Chor-Version des Metallica Klassikers "Nothing Else Matters" die Produktion von Tränenflüssigkeit an. Weil sämtliche Gast-Akteure ihre Arbeit gekonnt verrichten, gibt es definitiv Schlimmeres, als "Durchgedreht" bis zum hitzigen Ende die Stange zu halten. Und wer weiß schon, wann Freddy Schenk jemals wieder so ins Schwitzen gerät.

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