Entspannter Literaturgenuss beim Erlanger Poetenfest
30.8.2015, 13:36 Uhr
Vorlesestunden bei 30 Grad im Schatten, interessante Hintergrundgespräche und Podiumsdiskussionen: Das 35. Erlanger Poetenfest hat den guten Ruf der Marke als genauso entspanntes wie hochkarätiges Lesefest mal wieder bestätigt. Und weil Literatur auch immer ein Reflex auf das aktuelle Leben ist, streuten die Veranstalter in den Lese- und Diskussionsreigen immer wieder (vorgelesene) Texte über Flucht und Vertreibung ein - von Kant über Brecht bis Dagmar Nick.
Am Freitagabend kam dann eine gut gelaunte Alice Schwarzer ins Markgrafentheater. Moderatorin Verena Auffermann stellte vor allem ihre prägenden Begegnungen mit Simone de Beauvoir und Marion Gräfin Dönhoff vor, über die sie auch Biografien verfasst hat.
Toleranz und Islam
Ernsthaft und klug waren die Debatten über Toleranz in unserer Gesellschaft ("Charlie Hebdo und die Folgen") und über "Gewalt und Islam". Man merkt es den Diskussionsteilnehmern an, dass sie um mehr Differenzierung bemüht sind angesichts der aktuellen Nachrichtenflut über Flüchtlinge. Dass das erst der Anfang ist eines neuen, intensiven Diskurses über Gastrecht, Begegnung mit dem Fremden und die unterschiedlichsten Grade von Toleranz, lag unausgesprochen in der Luft.
Die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff hat zuletzt mit ihrer Rede gegen künstliche Befruchtung Aufsehen erregt. In Erlangen entschuldigte sie sich für ihre Wortwahl damals, betonte aber erneut, dass menschliche Selbstbestimmung nicht zu weit gehen darf: "Der riesige Einfluss von Eltern auf Kinder wächst mit künstlicher Fortplanzung doch ins Unermessliche!" Und im freundlichen Schwäbisch schwärmte sie dann über Dantes "Göttliche Komödie", die in ihrem gerade entstehenden Roman die Hauptrolle spielt. Die Zeichungen, die sie in ihren Notizbüchern dazu immer wieder anfertigt, seien aber keine Kunst: "Das ist nur schwäbischer Frauenfleiß."
Am Sonntag sind auf den Lesepodien unter anderem Ludwig Fels, Ulrich Petzner, Nora Gomringer und Alain Claude Sulzer zu hören. Statt der erkrankten Valerie Fritsch kommt Juan S. Guse um 16 Uhr. www.poetenfest-erlangen.de
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