Familie, Freundschaft und Dolly Buster: Ralf Königs "Pornstory"

30.9.2015, 20:23 Uhr
Familie, Freundschaft und Dolly Buster: Ralf Königs

© Ralf König / PR

Geschenke, diese kleinen Gaben, die Freundschaften erhalten oder vom Himmel kommen, sagen oft mehr über die Beziehung zwischen Beschenktem und Verschenker aus, als es den Menschen lieb ist. Eberhard zum Beispiel, seit frühen Pubertätstagen großer Porno-Fan, übergibt seinem besten Freund Fritte zum Geburtstag den Gutschein für eine Reise nach Frankfurt – inklusive zwei Gastrollen in einem GangBang-Streifen.  Das alles in der Zeit, als Menschen sich ihre Filme noch in Videotheken ausleihen.

Jahrzehnte später, wenn sich die Leute längst mit Taschentuchbox und Handlotion vor den heimischen Rechner setzen können, entdeckt Eberhards Frau, entschiedene Gegnerin von visuellem Schweinkram, dessen alte Sammlung auf dem Dachboden. Zuerst verdächtigt sie ihren Sohn des Besitzes. Doch zuvor schaut sie sich die gesammelten Werke einmal an. Und so bekommt auch sie den Film zu sehen, bei dem Eberhard damals dabei war, dazu deutlich erkennbar an seinem Tattoo im Intimbereich.

Ralf König erzählt in "Porn Story" eine Familiengeschichte mit ein bisschen Pornogeschichte und ein bisschen Drama. Die Spannungsfelder liegen in seinem neuen Comic zwischen bürgerlichem Schlafzimmer und Lustpatschern ins Gesicht, zwischen „Omas im Grenzbereich“ und dem deutschen Wohnzimmer.

Familie, Freundschaft und Dolly Buster: Ralf Königs

© Rowohlt / PR

Und König findet dabei genau die wenigen Punkte, die es braucht, um ein Verständnis für die Charaktere zu entwickeln. Wenn Eberhard in der S-Bahn seine spätere Frau trifft, braucht es nicht einmal drei Seiten, damit klar wird, dass eine spätere Beziehung zwischen den beiden nichts werden kann.

Nun großartig viele Worte über Königs Humor zu verlieren, macht wenig Sinn, denn Witze erklären und beschreiben, ist so ziemlich das Langweiligste, was einem Text passieren kann. Deshalb nur so viel: Königs Timing sitzt hier wieder perfekt, viele Pointen entwickeln sich wunderbar und werden nie derb. Der in Soest geborene Autor gehört einfach zu den besten Erzählern des Mediums – und das seit Jahrzehnten.

Die Ausschnitte aus verschiedenen Pornofilmen ließ König von Nicolas Mahler zeichnen, was diesen Bereich der Unterhaltungsindustrie noch skurriler macht. Denn Mahlers kantiger Strich dürfte so ziemlich das entfernteste Darstellungsmittel im Vergleich zu den Knollnasen von König sein. Dazu hat König originale Dialoge aus Filmen genommen. Und jeder weiß, dass die wahre Kunst des Erzählens nie so perfektioniert wird wie in den wenigen Satzfetzen, die eine Handlung in einem Pornofilm anstoßen müssen.

Ein kurzweiliger, herzlicher, charmanter Comic, der mit ein wenig Schweinkram viel über Schweinkram und dessen Wirkung erzählt – für Pornokonsumenten wie Schmuddelfilmgegner gleichermaßen. Kurz: ein Geschenk.

Verwandte Themen


Keine Kommentare