Federnde Marsch- und Tanzrhythmen

13.3.2016, 20:05 Uhr
Federnde Marsch- und Tanzrhythmen

© Foto: Eduard Weigert

Nein. Kein „Meistersinger“-Vorspiel oder die Ouvertüre zu Adolphe Adams „Nürnberger Puppe“ sollte die heimatlichen Bezüge herstellen. Die tiefe Verwurzelung des Orchesters in der Region ist ohnehin bekannt. Stattdessen ein ungarisch-polnisch-russischer Dreiklang aus Liszt, Chopin und Rachmaninow.

Der „Rákóczi-Marsch“ gilt seit langem als die inoffizielle Nationalhymne der Magyaren. Als 28-Jähriger arrangierte Franz Liszt das Thema für Klavier und bearbeitete diese Version ein Vierteljahrhundert später für Orchester. Viel Blech- und Percussions-Pathos und Patriotik wallt hervor, zuweilen ist die Instrumentation sogar ein bisschen plump geraten — auf jeden Fall im Vergleich zu Hector Berlioz‘ Fassung, die sich in dessen dramatischer Legende „Faust Verdammnis“ findet. Aber immerhin ein Werk mehr im Kanon der Symphoniker. . .

Chefdirigent Alexander Shelley und Gastpianist Martin Stadtfeld sind fast gleichaltrig und kommen zusammen in etwa auf die 70 Symphonker-Jahre: Gemeinsam mit dem Orchester gelang ihnen eine nuancierte, gar nicht vollmundige, sondern schwelgerisch-versonnene Wiedergabe des ersten Chopin-Klavierkonzerts.

Tröpfelnde Kaskaden

Nach der langen Orchestereinleitung beginnen Stadtfelds Manual-Streicheleinheiten. Die Glissando-Kaskaden steigern sich nicht zum Rausch, sondern werden als Girlanden um die Mazurken- und Polacca-Themen geknüpft. Was bei anderen durchaus manieriert wirken könnte: Bei Stadtfeld ist es Ausdruck seiner hohen Sensibilität, wenn er es absichtsvoll leise tröpfeln lässt und Zuhörer wie Mit-Instrumentalisten zu staunenden Bewunderern der Stille macht. Shelley lenkt gewohnt elegant, aufmerksam und mit Übersicht. Für den anhaltenden Jubel dankte der Pianist mit Chopins As-Dur-Etüde.

Nach vier Reden war es nach der Pause Zeit für Rachmaninows „Symphonische Tänze“, die viele eigentlich für seine vierte Sinfonie halten. Der Blick ging eigentlich auch gar nicht nach Russland, sondern über den Teich, denn der Komponist hatte diese überdimensionierte, schwadronierende Salonmusik für das Philadelphia Orchestra komponiert.

Um ehrlich zu sein: Kein gutes Stück für ein Orchesterjubiläum. Da hätte etwa Brittens „Young Person's Guide to the Orchestra“ aus Shelleys Heimat mehr Wirkung erzielt und die Leistungsbreite der Symphoniker anschaulicher unterstrichen. Immerhin vermerkte Programmschreiber Klaus Meyer zum Entstehungsjahr 1940 süffisant unter „geboren werden“: Joachim Gauck. Ob Schirmherrin Daniela Schadt das bemerkt hat?

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