Freundschaft gegen alle Widerstände

2.2.2016, 21:00 Uhr
Freundschaft gegen alle Widerstände

© Foto: Studio Stöhr

Marianne J. Voelk, die sich im Buch Rosalie Bartels nennt, kommt am Pfingstmontag 1933, im Jahr der Machtübernahme Adolf Hitlers, in Nürnberg zur Welt. Neben ihren eigenen hat sie die Erinnerungen ihrer Familie aufgeschrieben, aber auch das Schicksal der jüdischen Nachbarsfamilie Rosenholz.

Der Name Rosalie ist erfunden. Alles andere  ist genau so geschehen.  Drei Wochen nach ihr wird ihr Freund Daniel in der Nachbarsvilla geboren - weil er Jude ist, bringt das später Probleme. Doch was kümmern Kinder Glaubensunterschiede oder Rassenwahn?“

Die Kinder erleben eine Freundschaft wie Bruder und Schwester — und als Bruder und Schwester werden sie sich später ausgeben müssen.  Die Familien Bartels und Rosenholz können nach dem Erlass der Nürnberger Rassegesetze nie wieder offiziell ihre enge Freundschaft ausleben.

Was diese autobiografische Erzählung so besonders macht, ist der kindliche Blickwinkel. Aus der Perspektive eines kleinen Mädchens, das diesen Hitler nicht versteht und für das die Juden doch auch nicht anders aussehen als sie selbst, werden auf beeindruckende und zugleich anrührende Weise zwölf Jahre finsterster deutscher Geschichte wieder lebendig.

Aus dem Freund wird der Bruder

Als der Krieg beginnt, muss Rosalies Vater an die Front. Obwohl Daniels Vater sich lange dagegen wehrt, sein Heimatland zu verlassen, entscheidet er sich letztendlich doch für die Ausreise in die USA. Doch die Gestapo kommt der Familie in der Nacht vor der geplanten Flucht zuvor, nur der kleine Daniel schafft es, zu fliehen. Er versteckt sich bei Rosalies Familie.

Ein Umzug aufs Land und ein paar gefälschte Urkunden und Zeugnisse ermöglichen dem Jungen endgültig eine neue Identität; mit zehn Jahren tritt er sogar der Hitlerjugend bei. Alles scheint wunderbar zu funktionieren, bis zu dem Moment, als Daniel bei einem Schulausflug stürzt und der widerwärtige, sich der Mutter aufdrängende Doktor zum Schweigen gebracht werden muss . . .

Voelk hat ihre Geschichte dramaturgisch geschickt aufgeschrieben, so dass man beim Lesen fast vergisst, dass es sich um eine Autobiografie handelt: Aus der Sicht eines Kindes schildert sie Unfassbares. Und dennoch nimmt diese Geschichte ein unerwartet gutes Ende. Daniel hat Kriegswirren und „Drittes Reich“ wie durch ein Wunder überlebt.

Marianne J. Voelk: „Daniel, mein jüdischer Bruder – Eine Freundschaft im Schatten des Hakenkreuzes“, Brunnen Verlag (Gießen), 304 Seiten, 17,99 Euro

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