Halleluja für die Kunst: Der Münster-"Tatort" könnte mehr

19.11.2017, 21:45 Uhr
Der Meister und sein Schüler: Aktionskünstler Zoltan Rajinovic (links) wählte Professor Boerne (Jan Josef Liefers) als Lehrling aus.

© WDR/Wolfgang Ennenbach Der Meister und sein Schüler: Aktionskünstler Zoltan Rajinovic (links) wählte Professor Boerne (Jan Josef Liefers) als Lehrling aus.

In Münster treibt ein Serienmörder sein Unwesen. Kurz vor der Eröffnung der bekannten Skulptur-Tage stellt ein Unbekannter seine speziellen Werke auf unterschiedlichen Plätzen der Stadt auf. Im Inneren der Installationen finden Ermittler Frank Thiel (Axel Prahl) und Rechtsmediziner Boerne (Jan Josef Liefers) jeweils einen mumifizierten Leichnam. Doch dem Täter kommt es offenbar nicht aufs Töten an. Im Vordergrund steht die Inszenierung seiner Opfer: So steckt der Killer einen pädophilen Politiker in eine Clowns-Skulptur, einen rechten Hetzer platziert er vor einem Flüchtlingsheim und der Steuerhinterzieher kommt in ein überdimensionales Sparschwein. Ironie eben.

Während Kommissar Thiel bei der Befragung unterschiedlicher Künstlertypen schier verzweifelt, findet Professor Boerne Gefallen an der Szene. Er will selbst den Sprung zum großen Macher schaffen und pirscht sich an den exzentrischen Künstler Zoltan Rajinovic (Aleksandar Jovanovic) - besser bekannt als "G.O.D" - heran.

Mit Aussagen wie “Der Mensch ist nichts, das Werk ist alles” oder “wenn Du Gott tötest, wirst du selbst zum Gott” schafft dieser nicht nur eine Hommage an die großen Denker unserer Zeit, sondern mausert sich zum Hauptverdächtigen von Thiel. Der trifft bei den Ermittlungen auf eine alte Bekannte. Mit Kuratorin Klara Wenger (Victoria Meyer) hatte er als Kind in der Kommune seines Vaters zu tun. Während Thiel ungewollt mit seiner Hippie-Vergangenheit konfrontiert wird, mimt Boerne an der Seite von "G.O.D" den großen Intellektuellen. Das sonst so amüsante Kriminalistenduo findet nicht so recht in ihr gewohntes Spannungsverhältnis.

Gut, aber nicht herausragend

Zwar sorgen die Drehbuchautoren Christoph Silber und Thorsten Wettcke mit einem klassischen Spannungsbogen für die nötige Krimi-Dramatik. Auch die geistreiche Inszenierung der Leichen mag den Zuschauer beeindrucken. Dem Münster-"Tatort" fehlt es jedoch an “Pepp”, denn das Thema nimmt den Hauptcharakteren ihren gewohnten Glanz.

Die exotische Kunstszene mit ihren abgehobenen Charakteren funktioniert bei dem allwissenden Professor Boerne gut. Zu Kommissar Thiel passen die skurrilen Schaffensprozesse (eine Frau streamt ein Livevideo aus ihrem Uterus) jedoch umso weniger. Wir kennen und lieben Thiel als St. Pauli-Fan mit einer Flasche Bier vor dem Fernseher. Diese Seite von ihm kommt trotz Kommunen-Vergangenheit in "Gott ist auch nur ein Mensch" viel zu kurz. Einzig Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) bleibt ihrem Erkennungsmerkmal treu: Sie verschlingt eine Zigarette nach der anderen.

Sonderlob gibt es für Regisseur Lars Jessen. Er setzt den Plot der Kreativ-Szene tadellos um. Vor allem die Zerissenheit des Künstlers "G.O.D" fängt er dank naher Kameraeinstellungen und einer mystischen Lichtgestaltung gekonnt ein. Ganz große Kunst war der Münsteraner Tatort zwar nicht, allerdings eine solide Krimi-Leistung mit der nötigen Prise Unterhaltung.

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