Interview mit Tatort-Regisseur Max Färberböck

26.5.2014, 09:03 Uhr
Interview mit Tatort-Regisseur Max Färberböck

© Horst Linke

Der Titel für den ersten Franken-Tatort steht jetzt fest: "Der Himmel ist ein Platz auf Erden". Vom 63-jährigen Grimme-Preisträger Färberböck war abseits dieser Nachricht immerhin zu erfahren: Die Dreharbeiten sollen in der letzten Augustwoche in Nürnberg beginnen.

Herr Färberböck, sind Sie auch privat ein Krimifan?

Max Färberböck:
Ich lese wenig Krimis. Aber ich bin aufgewachsen mit den amerikanischen Krimis, vor allem mit der Schwarzen Serie, dem Film Noir. Das waren oft Filme von deutschen Regisseuren, die nach Amerika gegangen sind und die ganz starke atmosphärische Elemente haben. Da ist das Dunkle auch wirklich dunkel, da wird ganz tief in die Existenz von Menschen hineingraben. Und obwohl die Filme in erster Linie Krimis sind, erzählen sie immer ganz relevante andere Geschichten mit. Das ist das, was mich interessiert und geprägt hat.

Ihre Niederbayernkrimis „Sau Nummer vier“ und „Paradies 505“, die Sie hier im Filmhaus vorstellen, sind aber gar nicht düster, sondern mit viel abgründigem Humor unterlegt…

Färberböck: Das passiert bei mir automatisch. Eine Geschichte kann noch so dunkel sein, irgendwann geht die Leichtigkeit mit mir durch (lacht). Die will ich auch nicht ignorieren, die muss dann mit eingearbeitet werden. Das ist aber nie absichtsvoll.

In Ihren Kinofilmen „Aimée und Jaguar“ und „Anonyma“ geht es um tragische Frauenschicksale während der NS-Zeit und nach dem Einmarsch russischer Truppen. Das erscheint als großer Spagat zu Ihrer TV-Arbeit...

Färberböck:
Aber auch da haben die Zuschauer gelacht. Beide Filme behandeln kriegsbelastete Themen und sind in erster Linie der Realität verpflichtet. Aber wenn die Frauen in „Aimée und Jaguar“ miteinander parlieren, dann auf eine Weise, die das Publikum überraschend oft zum Lachen bringt. Vielleicht passiert das gerade deswegen, weil der Film so eine emotionale Wucht hat und man sich durch das Lachen davon befreit.

Filmen Sie lieber nach eigenem Drehbuch?

Färberböck:
Billy Wilder hat gesagt: Der Autor macht das Bett und der Regisseur legt sich rein. Das Schreiben ist definitiv die härtere Arbeit. Regieführen ist natürlich mit großem Druck verbunden, und der wird leider immer größer, weil die Drehtage immer weniger werden. Aber Schreiben ist noch mal was anderes. Ich hab’s jetzt gerade hinter mir. Das Drehbuch für den Franken-„Tatort“ ist gestern früh fertig geworden. Es ist die erste Fassung. Da sitzt jemand (weist auf BR-Redakteurin Stephanie Heckner), der darüber bestimmt, wie viele es geben wird (lacht).

Aber die letzte Woche hatte es in sich, das kann ich Ihnen sagen.

Sie waren in Schreib-Klausur. Heißt das, Sie schotten sich in dieser Phase komplett von der Welt ab?

Stephanie Heckner:
Wir schotten ihn ab! (schmunzelt)

Färberböck: Ja, ich kommuniziere dann nicht viel. Es kommt aber drauf an. Manchmal hat man gute Tage, da geht man raus und umarmt die ganze Welt. Und dann gibt’s Tage, wo du das Gefühl hast, das ganze Ding funktioniert nicht. Dann steht man wirklich in der Wüste – ohne Benzin.

Kürzlich lief Ihr erster München- „Tatort“ im Fernsehen. Da haben Sie etwas Unerhörtes gewagt und am Ende einen Cliffhanger eingebaut. Das Publikum wusste nicht, ist Kommissar Leitmayr tot oder nicht. Wegen der vielen Fan-Reaktionen haben Sie das Ende im Internet aufgelöst...

Färberböck:
Das war aber keine Taktik. Es war nicht als Cliffhanger geplant. Wenn jemand im Film eine Pistole oder ein Messer benutzt, nehme ich das verdammt ernst. Als ich nach Hamburg gezogen bin, habe ich am ersten Abend in einer Distanz von etwa 80 Metern einen toten Menschen gesehen. Ich wusste sofort, dass der tot ist. Die Stille, die dieser Mensch ausgestrahlt hat, hat den ganzen Platz gebannt. So ähnlich sehe ich das, wenn jemand im Film eine Knarre auspackt. Man kann bei Krimis erfinden ohne Ende, aber spannend wird es erst, wenn die Geschichte in den Kernmomenten mit dem Leben auf Augenhöhe ist.

Über die Handlung des Franken- „Tatorts“ dürfen Sie nichts verraten. Trotzdem sei die Frage erlaubt: Haben Sie sich dafür von realen Geschichten vor Ort inspirieren lassen?

Färberböck:
Ich war zwei Tage in Nürnberg und habe die Stadt mit großer Spannung aufgenommen. Ich freu’ mich irre, hier zu drehen. Die Stadt hat so viele Gegensätze. Aber es wird mit Sicherheit kein folkloristischer Franken-„Tatort“. Wir bemühen uns darum, einen guten Film zu machen.

Ob da jetzt Bratwürstle (sic!) vorkommen und viel Lokalkolorit, finde ich nicht so wichtig. Trotzdem wird man natürlich von einer Stadt inspiriert.

Im ersten Franken-Tatort geht es auch darum, die Charaktere zu etablieren, vor allem die Hauptkommissare, die von Fabian Hinrichs und Dagmar Manzel gespielt werden. Dürfen Sie die etwas näher kennzeichnen. (Frau Heckner schüttelt den Kopf).

Färberböck:
Da gibt’s noch eine ganze Reihe anderer. Das Personal, das um diesen Film herum versammelt wurde, ist schon eins, auf das man sich sehr freuen kann...

Waren Fabian Hinrichs und Dagmar Manzel Ihre Wunschbesetzung?

Färberböck:
Ja. Ich war mal in einer Jury, da habe ich Fabian vier Jahre lang für den Hauptpreis nominiert und jedes Jahr eine neue Begründung geschrieben. So sehr war ich an ihm gehangen, obwohl ich noch nie mit ihm gearbeitet habe. Dagmar Manzel kenne ich, seit ich mit ihr die Komödie „Einer zahlt immer“ gedreht habe. Danach habe ich oft eine Gelegenheit gesucht, mit ihr zusammen zu arbeiten. Jetzt hammas. Die Figur ist da.

Werden Sie dem Franken-Tatort treu bleiben?

Färberböck:
Das kann ich noch nicht sagen. Erstmal muss das Ding ja gut werden. Wenn es nicht gut wird, vertroll’ ich mich so schnell wie möglich (lacht herzlich).
 

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