Ironische Töne in Wagners Haus

26.7.2015, 19:30 Uhr
Ironische Töne in Wagners Haus

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Mit der jetzigen Sanierung sei ein „Nukleus“ entstanden, den es auszubauen gelte, betonte Merk-Erbe. Geklärt werden müsse vor allem die Verteilung der Betriebskosten, die derzeit die Stadt allein trägt. Dieses Problem sahen auch die anwesenden Kulturminister: Bundesministerin Monika Grütters überreichte 100 000 Euro, Bayerns Staatsminister Ludwig Spaenle hatte 200 000 Euro dabei und versprach, 2016 eine Million Euro für den laufenden Betrieb in Bayreuth bereitzustellen. Grütters kündigte auch an, dass der Bund bei der Vergabe weiterer Projektmittel nicht zaudern werde.

In ihrer wunderbar ironischen Festrede ging auch Nike Wagner auf die fehlenden künftigen Finanzmittel ein: „Mögen die bayerischen Ministerialbeamten doch noch mehr im Geiste des Märchenkönigs handeln und großzügig bei der Gewährung verfahren. Der Mehrwert wie bei den Schlössern wird sich dann leicht einstellen.“ Nike Wagner bot eine mit vielen Spitzen versehene tour d'horizon durch die Clan-Geschichte. Sie freute sich, dass nach hundertjährigem Familienwahnsinn in Wahnfried nun die „historische Sicherheit“ Einzug halten könne.

Nike Wagner erinnerte daran, dass es viele absurde Vorschläge bei der Neustrukturierung des Geländes gegeben habe. „Gott sei Dank kam es nicht zum Bratwurst-Glöckle im Siegfried-Bau und zum Café-Betrieb in Grabesnähe.“ Wahnfried solle kein „Ärgersheim“ werden, sondern eine „mythische Insel“ im Meer der Geschichte und im Häusermeer von Bayreuth. Bauherr Richard Wagner hatte wegen vieler Verzögerungen einmal von „Wahnfried“ als seinem „Ärgersheim“ gesprochen.

Kritik an Ausstellungsmachern

Scharf kritisierte sie, dass nicht die gesamte Syberberg-Verfilmung des Gesprächs mit ihrer Großmutter Winifred im Siegfried-Bau zu erleben sei. „Die Reduktion auf ein paar steile Sätze zu Hitler ist eine ungerechtfertigte Reduktion, die dem wissenschaftlichen Anspruch des Hauses nicht gerecht wird.“ Sie ermahnte Museumsdirektor Sven Friedrich: „Wo haben Sie denn noch mehr die Möglichkeit, authentisch Gesagtes in authentischem Interieur der 30er Jahre zu präsentieren? Nutzen Sie diese Chance.“

Da sie zur letzten Generation gehöre, die noch in Wahnfried lebte, bot sie mit ihren Geschwistern Daphne und Wolf-Siegfried an, als „Dauerleihgabe“ Teil des Museums zu fungieren. „Es ist ja so wenig Originalbestand vorhanden. Machen Sie davon Gebrauch. Sie brauchen uns doch bestimmt noch als die zukünftigen Urahnen“, so ihr süffisantes Schlussangebot.

Die rund um das Ludwig II.-Denkmal postierten Festgäste – von Christoph Stölzl über den kolumbianischen Botschafter bis zu Hans-Dietrich Genscher – waren zahlreich und es schien, als würde sich irgendwie ein wenig Familienfrieden über alle Wagner-Stämme legen. Mit dem Markgräflichen Opernhaus und dem Wagner-Nationalarchiv, das – wie Nibelheim – unter der Erde liegt, hat die Stadt nun zwei Institutionen, die im Weltmaßstab betrachtet werden. Oder wie es Monika Grütters formulierte: „Europäische Theatergeschichte focussiert sich in Bayreuth in maximaler Brennglas-Schärfe.“

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