"Lagune": Einer der besten SciFi-Romane der letzten Jahre

7.11.2016, 14:32 Uhr
Lagune. Nnedi Okorafor. Erschienen bei Cross Cult als Softcover für 18 Euro.

© Cross Cult/PR Lagune. Nnedi Okorafor. Erschienen bei Cross Cult als Softcover für 18 Euro.

Treffen sich ein Rapper, ein Soldat und eine Meeresbiologin am Strand: Was wie ein skurriler Scherz beginnt, entpuppt sich in "Lagune" zu einer mittelschweren Katastrophe. Außerirdische landen auf der Erde, ihr Raumschiff parken sie direkt im Atlantik. Und nehmen Kontakt mit Adaora, Anthonoy und Agu auf. Sie wollen die Erde nicht erobern, keinen Kampf. Sie wollen den Planeten pflegen, eine Beziehung zu dessen Bewohnern aufbauen. Allerdings haben sie offenbar vorher keine Informationen über die Menschheit eingeholt – denn innerhalb weniger Stunden entwickeln sich Aufstände und Medienrummel.

Adaora, Anthony und Agu machen Bekanntschaft mit Ayodele, einer Außerirdischen, die ihre Form wandeln kann. Das würden sie gerne geheim halten, aber wie das so im 21. Jahrhundert ist: Irgendwer hat garantiert ein Smartphone zur Hand. Und so gehen die Bilder von Ayodeles Können durch die Netzwerke. Schnell wecken die Fähigkeiten der Außerirdischen bei Militär und Kirche Begehrlichkeiten, zu gut ließe sich ihr Können instrumentalisieren. Wenn die Besucherin das denn mit sich machen lassen würde.

Autorin Nnedi Okorafor versteht es in ihrem Roman nicht nur Afrofuturismus und magischen Realismus miteinander zu verknüpfen, sondern schafft durch ständige Perspektivwechsel ein beeindruckend breites Panorama von Lagos und dessen Bewohnern. Selbst Tarantel und Schwerfisch bekommen bei ihr eine Stimme. 

Auf knapp 400 Seiten entfaltet Okorafor eine mitreißende Geschichte, die gekonnt alle richtigen Knöpfe des Genres drückt, jedes Klischee aber umschifft. Den Plot von "Lagune" treiben vor allem die Charaktere voran und die Einfälle der Autorin, dieses klassische Thema der Science Fiction weiterzudrehen. Dass die Menschheit diese Chance ebenfalls versaubeutelt, überrascht weniger. Wie sich die Außerirdischen allerdings bemerkbar machen, wie die einzelnen Menschen in dieser Situation reagieren und wie Okorafor all diese Stränge in der Hand behält, um sie zu einem Ende zu bringen, ist so nicht vorhersehbar.

Übersetzerin Claudia Kern hat das Englisch von Okorafor in einen fließenden Rhythmus übertragen. In leichten Sätzen gibt es hier eine schwere Geschichte. Den verwobenen Plot hat die Autorin perfekt komponiert, die Schlagzahl erhöht sich mit jeder Seite. Mit ihren Werken hat sie bereits den Hugo Award und den World Fantasy Award gewonnen. Schon jetzt gehört Okorafor mit ihren 42 Jahren zu den gewaltigen und großen Schriftstellern ihres Genres. Und "Lagune" ist Science Fiction von einem anderen Stern.

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