Lahme "Dädersuche" im zweiten Franken-"Tatort"

22.5.2016, 21:45 Uhr
Lahme

© BR/Claussen+Putz Filmproduktion GmbH/Hagen Keller

Sensationelle 12,1 Millionen Menschen sahen den ersten Nürnberger "Tatort" im April des vergangenen Jahres. Max Färberböcks fescher Streifen heimste damals neben einer grandiosen Quote auch viele positive Kritiken von Seiten des Feuilletons ein. Nun, über zwölf Monate nach der Ausstrahlung des Premierenfalls, präsentiert Das Erste mit "Das Recht, sich zu sorgen" den lange erwarteten Nachfolger.

Darin liefert Autorin Beate Langmaack drei voneinander völlig unabhängige, leider wenig reißerische Geschichten. Ihre Story handelt von der Sehnsucht nach dem Gegenteil von Einsamkeit  - und vom Recht, sich zu sorgen. Im Zentrum dessen steht ein fast perfektes Verbrechen. Der von Andreas Senn behutsam inszenierte Film verbreitet eine durchgängig nachdenkliche Stimmung. Die Akteure halten öfters als sonst in Krimis an einem Sonntagabend ihren Mund. Stattdessen gewinnt eine teilweise erdrückende Stille die Oberhand. Bilder übernehmen das Reden. Damit legen sie eine gewisse Schwere auf die Schultern der Darsteller.

Ein Film, drei Fälle

Dass die drei Handlungsstränge unterm Strich so rein gar nichts miteinander zu tun haben, erschließt sich dem Zuschauer erst im Laufe des Films. Dadurch bleibt immerhin ein wenig Nervenkitzel übrig, bis der Abspann das Ende des ein wenig andersartigen Krimis ankündigt. Letztendlich fungieren hauptsächlich Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Fabian Hinrichs) als Verbindungselemente zwischen den drei Fällen. Das gut miteinander harmonierende Ermittler-Duo geht gemütlich zu Werke. Sie trinken Schnaps mit ihren Kollegen, essen Pizza mit dem Chef. Sie sind dem Leben positiv zugewandt, einfühlsam und lösen ihre Fälle ohne markige Sprüche.

Die netten Kommissare und der identische Grundton der konträren Geschichten sorgen dafür, dass der Film auf diese Weise dann doch ein in sich geschlossenes Werk darstellt. Rein optisch gibt es außerdem nichts zu bemängeln. Erneut transportiert der Franken-"Tatort" viele schöne Kulissen wie zum Beispiel die Gegend rund um Würzburg auf den heimischen Fernseher. Doch auch Szenen in der Frankenperle hat "Das Recht, sich zu sorgen" im Repertoire. Wie zum Beispiel die auf dem Jakobsplatz vor den Toren des Polizeipräsidiums. Dort baut Frau Eichhorn wutschnaubend ein Zeltlager auf. Hinter dieser Maßnahme steckt der Versuch, die Behörden dazu zu bringen, endlich nach ihrem seit Monaten verschwundenen Sohn zu suchen.

Schnell wird klar, dass dieser Handlungsstrang eigentlich keinen tieferen Sinn verfolgt und lediglich dazu dient, Verwirrung zu stiften. Verwirrt ist übrigens auch Frau Eichhorn (Tessie Tellmann). Schließlich hat sie gar keinen Sohn. Das weiß sie aber nicht. Wie Paula Ringelhahn, die sich zunächst wundert, weshalb der Dame nicht geholfen wird. Die Polizistin am Empfang sorgt im perfekten Fränkisch für klare Verhältnisse. So bleiben keine Fragen mehr offen.

Nach Antworten suchen Ringelhahn und Voss derweil beim Aufsuchen eines Tatorts hinter Nürnberg. In einem Landgasthof liegt die Leiche der Wirtin (Sonja Tille). Die Tochter trauert. Vom Vater fehlt jede Spur. Das Gasthaus lief schon lange nicht mehr gut. In der Linde saßen nur noch wenig Leute, die wenig soffen. Eine vom grantelnden Spusi-Leiter Schatz (Matthias Egersdörfer) entdeckte Überwachungskamera liefert den Mörder bequem frei Haus. Polizeiarbeit kann so einfach sein.

Schönes Frankenland

Das Beziehungsdrama im Nürnberger Reichswald ist eindringlich gefilmt, mit schöner Musik unterlegt und beinhaltet reichlich Dialoge in fränkischer Landessprache. Übermäßige Spannung liefert es allerdings kaum. Dafür hält der dritte Fall immerhin eine kostenlose Unterrichtsstunde in Sachen Pathologie und menschlicher Anatomie bereit. An der Universität Würzburg passt bei den Körperspendern ein Schädel nicht zum restlichen Skelett. Ringelhahn und Voss wird die Aufgabe zuteil, diskret herauszufinden, wo sich der Rest des Körpers befindet. Ein zwielichtiger Präparator führt die Ermittler durch das Institut. Mit Hilfe eines Gefäßbaums will Lando (Jan Krauter) veranschaulichen, dass sich die wunderbarsten Dinge der Welt im Körper des Menschen befinden. Anschließend erklärt er noch rasch die Funktionsweise einer Matzerationsmaschine. Die Anlage leistet treue Dienste für die Wissenschaft. Doch auf den zweiten Blick scheint sie wie gemalt für den perfekten Mord. Auch wenn es so etwas bei dieser gemütlichen "Dädersuche" ja eigentlich gar nicht geben kann.

Das sagt die Netz-Gemeinde zum zweiten Franken-"Tatort"

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