Liebe und Verrat im Spanischen Bürgerkrieg

2.11.2015, 18:10 Uhr
Liebe und Verrat im Spanischen Bürgerkrieg

© Foto: tumblr/dpa

So reizvoll es wäre, eine solche Konstruktion auf den Geschichten von drei Paaren „aus dem Volk“ zu bauen – Amanda Vaill tut es nicht mit Personen minderer Bekanntheit. So schreibt sie ihr zwischen Frontberichterstattung aus zweiter Hand und Promi-Klatsch changierendes genreübergreifendes Buch mit Blick auf folgende drei Paare: Ernest Hemingway und seine Geliebte und spätere zweite Frau Martha Gellhorn sind die Prominentesten. Sie steuern vor allem den Whiskey Hemingways, die Eleganz von Martha Gellhorn und deren Freundschaft zur amerikanischen First Lady Ellinor Roosevelt bei.

Der Pressezensor und Schriftsteller Arturo Barea und Ilsa Kulcsar aus einer österreichisch-jüdischen Familie sind das zweite Protagonisten-Paar — unbestechliche Sozialisten, die auch als Zensoren der Wahrheit und nicht der schöngefärbten Wunschwelt zur internationalen Verbreitung verhelfen wollen. Ihre heroischen Skrupel stärken sie gegen die Allmacht der Ideologien.

Der Kriegsfotograf Robert Capa schließlich und seine polnisch-stämmige, in Stuttgart geborene Kollegin Gerda Taro, die bei Aufnahmen von den Kämpfen in Spanien ums Leben kam, bilden das dritte Paar in dieser erzählten Geschichte des Spanischen Bürgerkriegs. Hemingway und Barea mussten sich erst scheiden lassen, um ihre Geliebten heiraten zu können, Capa und Taro konnten nicht mehr heiraten, weil Gerda vorher von einem Panzer zermalmt wurde.

Feiern in Gefechtspausen

Fünf einfache Karten und eine hilfreiche Chronologie rücken den Krieg in dem Buch nach vorn. Manchmal läuft die Front direkt durch die Seiten des Buches, aber die Autorin wechselt nie von der republikanischen auf die faschistische Seite.

Das titelgebende Hotel Florida in Madrid beherbergte damals alle Prominenten und gibt – wenn sich der Pulverrauch verzogen hat – die gesellschaftliche Kulisse. Da finden – gleichsam in den Gefechtspausen – unglaubliche Feste, oft nur mit kümmerlicher kulinarischer Begleitung statt. Dann begleitet die Autorin ihre Heldenpaare wieder an die Front. Sie begegnen von André Malraux bis Gustav Regler so gut wie allen namhaften, im Spanieneinsatz befindlichen europäischen Linksintellektuellen. Nicht immer geht das gut, wie am Beispiel der sich zur Abneigung steigernden Kontroverse der Ex-Freunde Hemingway und Das Passos nachgezeichnet wird.

Die Autorin schreibt dieses Buch im Stil eines Fortsetzungsromans und lässt am Ende eines jeden der chronologisch angeordneten Kapitel die Spannung steigen. Das jeweils folgende spielt dann an einem anderen Set mit anderen Hauptpersonen. Die Protagonisten weichen nämlich immer wieder in die „Etappe“ zurück, nach Paris, Florida und New York, manche Szene spielt auch in Moskau.

Dort gibt es im Dezember 1937 eine Szene, in der der französische Journalist Georges Luciani zum sowjetischen Außenminister „einbestellt“ wurde, der ihm auf diesem Weg eine Mitteilung für den französischen Botschafter machen wollte: Die Sowjetunion könne die lasche französische Haltung gegenüber Nazideutschland und auch im Spanischen Bürgerkrieg nicht hinnehmen. Er deutete an, dass die Sowjetunion auch andere Gruppierungen für möglich halte. Auf die entsetzte Frage des Journalisten „Etwa mit Deutschland?“ habe der Außenminister daran erinnert, „dass Hitler 1931 den alten deutsch-sowjetischen Nicht-Angriffs-Pakt von 1926 erneuert habe, in dem sich Hitler und Stalin verpflichtet hatten, dem jeweils anderen zu Hilfe zu kommen ...“

Der Leser reibt sich die Augen! Ist der US-Autorin entgangen, dass Hitler erst 1933 an die Macht gekommen ist, hat diesen Quatsch die deutsche Übersetzerin einfach wörtlich übernommen, von einem etwaigen Lektorat im Hause Klett-Cotta ganz zu schweigen? Solche Unzuverlässigkeit lenkt die Aufmerksamkeit des Lesers dann doch verstärkt auf die erzählenden Passagen, die nachgestellten Schlachtszenen und den unterhaltsamen Klatsch. Das sind die – auch literarisch gut komponierten und in den Dialogen fesselnd geschriebenen – eigentlichen Qualitäten des Buches. Für die geschichtlichen Zusammenhänge sei auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen.

Amanda Vaill: Hotel Florida. Wahrheit, Liebe und Verrat im Spanischen Bürgerkrieg. Aus dem Amerikanischen von Susanne Held. Klett-Cotta, Stuttgart. 512 Seiten, 24,95 Euro.

Verwandte Themen


Keine Kommentare