Liebling lockt in Lederhosen: Andreas Gabalier in Nürnberg

5.10.2015, 05:35 Uhr
Liebling lockt in Lederhosen: Andreas Gabalier in Nürnberg

© Foto: Michael Müller

Nein, in Franken fand kein zweites Oktoberfest statt. Gott sei Dank! Das hatte sicher so mancher angenommen, der Tausende Menschen in Trachtenkleidung Richtung Arena pilgern sah. Aber nein, das war nur der ganz normale Andreas-Gabalier-Wahnsinn.

Für den selbsternannten "VolksRock’n’Roller" aus der Steiermark, der eine Art rockigen Schlager singt, reisen Fans aus ganz Franken an. Fremden Dialekt gibt es für den Nürnberger deshalb nicht nur von der Bühne, sondern auch im Publikum. Weil Gabalier seinen Dialekt zur Marke gemacht hat, muss sich so mancher aus Nürnberg und Umgebung bei dem dreistündigen Konzert richtig anstrengen. Zumindest wenn er was vom Text verstehen will. Blöd, wer sein steirisch-österreichisches Wörterbuch daheim vergessen hat. Die Durchbruchsingle „I sing a Liad für di“ können dann aber doch die meisten mitsingen – ob sie dabei alles verstehen, sei mal dahingestellt.

In einem Comic-Einspieler macht Gabalier gleich zu Beginn deutlich, wer hier die Lederhosen anhat. Im Clip inszeniert sich der 30-Jährige als Superheld. Sein Alter Ego "Mountain Man" – ein muskelprotziger Schönling – rettet eine Frau vor einem bösen Ungeheuer. Mit dem gleichnamigen Song eröffnet der fleischgewordene Actionheld das Konzert. Die Bühne brennt, zumindest optisch. Imposante Video- und Lichtinstallationen projizieren Flammen auf der riesigen Bühne. Die acht Bandmitglieder, die etwa an Schlagzeug und Gitarre rocken, sind nur Beiwerk zu One-Man-Show.

Denn Gabalier alleine spielt schon drei Instrumente: Er wechselt gekonnt zwischen steirischer Harmonika, Klavier und Gitarre. Immer mit dabei: Das auffällige Hirschgeweih-Mikrofon, bei dem so mancher Zuschauer Angst haben muss, dass sich der Sänger nicht gleich ein Auge aussticht. Von dieser Sorge jedoch lenkt seine raue Stimme ab.

Dass dieses Organ auch gefühlvoll wirken kann, wird im Lied „Verliebt verliebt“ bewiesen. Hierfür versinkt die Halle in ein Meer aus (Handy-)Lichtern. Da geht das Herz auf! Dass "Volks-Rock’n’Roll"aber nicht nur Party ist, sondern auch kritisch sein darf, zeigt sich an "A Meinung haben". Hier singt er: "Die Welt mit eigenen Augen sehen, den Weg vom Anfang alleine gehen."

An Selbstbewusstsein mangelt es dem Steirer jedenfalls nicht. Ja, er ist wohl das, was man eine Rampensau nennt. Gabalier liebt die Bühne – und das Volk davor liebt ihn. So hat er zu fast jedem Lied eine längere Anekdote zu erzählen oder schwelgt in Kindheitserinnerungen. Und die waren für den so lebensfroh wirkenden Schlagersänger wahrlich nicht immer einfach: Sein Vater und seine kleine Schwester wählten vor ein paar Jahren überraschend den Freitod. Wer könnte die Botschaft "Es muss immer weitergehen" besser vermitteln als er?

Ein Alpen-Elvis wackelt mit dem Po

8200 Menschen, die ihm gebannt lauschen – mehr hätten in die Arena nicht gepasst. Sie singen lautstark mit, schunkeln, halten Feuerzeuge hoch und klatschen im Takt, bis die Hände wehtun. Und das sind nicht nur junge Frauen, vielmehr sind im Publikum beinah mehr Männerschöpfe als Flechtfrisuren zu finden. Offensichtlich wollen auch sie sich den Gabalier’schen Popowackler in knackig sitzenden Lederhosen, für den der Alpen-Elvis berühmt-berüchtigt ist, nicht entgehen lassen.

Das Muskelpacket mit den strammen Waderln scheint sowieso geradewegs vom Fitnessstudio auf die Bühne gekommen zu sein. Andreas Gabalier ist – im wahrsten Sinne des Wortes – ein Gesamtpaket. Oder, wie er selbst mehrmals betont: "I bin a ganz normaler Bua." Schwer zu glauben, dass er von Letzterem wirklich überzeugt ist.

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