Luftmuseum Amberg: Wenn den Ballons die Puste ausgeht

18.11.2016, 17:20 Uhr
Luftmuseum Amberg: Wenn den Ballons die Puste ausgeht

© Foto: Rebmann

Die beiden Luftballonkünstler nennen sich „Daisy Balloon“ und verblüffen ihr Publikum mit dem, was aus schrumpfenden Luftballons alles wird und wie man zugleich über Vergänglichkeit philosophieren kann. Und das in einer Ausstellung, die einem erst eher spröde und erklärungsbedürftig entgegenkommt und die man am Ende begeistert und berührt verlässt.

„Daisy Balloon“-Kunst geht so: Die Japaner blasen Hunderte, Tausende ganz normaler Ballons auf. Die verknoten sie dann wie auf der Kirmes. Aber was man sonst nicht will — dass die Ballons schrumpfen —, ist Teil ihres prozessualen Konzepts. Da ragt bei einem auf einer Schautafel dokumentierten Beispiel der Kopf der Dame gerade noch aus einem bunten Ballonberg heraus. Später steht sie da in einem schlaffen Ballon-Abendkleid. Oder das weiße Schneewittchen-Kostüm fliegt der Trägerin über den Kopf davon und hat den Halt verloren.

Wilhelm Koch und sein Amberger Luftmuseum kann immerhin ein reales Beispiel ausstellen: eine Art schalförmiges Hochzeitskleid, weiß und bei der Vernissage noch bodenlang. Inzwischen schauen schon die Füße der Schaufensterpuppe unten heraus: tagtägliche Vergänglichkeit.

Natürlich konnten die Daisy Ballooner nicht viel Aufgepumptes mit nach Amberg bringen. Aber ins Handgepäck haben zumindest kleine verschrumpelte Gebilde gepasst: Was die mit viel Luft ursprünglich waren, sieht man auf Wandtafeln. „Worm Hole“ heißt ein Objekt, es war in Tokio und mit stolz geschwellter Brust 100 mal 125 Zentimeter groß. Jetzt sind es gerade noch kümmerliche 6 mal 6 Zentimeter Gummi ohne Luft. Luftloser geht’s nicht mehr.

Immerhin ergeben die meterlangen, zweifarbigen Ballonteppiche, auf denen japanische Mädchen einst munter schaukeln konnten, jetzt noch eine hübsche Plastik für den Wohnzimmertisch. Wenn die Ausstellung abgebaut wird, vielleicht nur noch für die Handtasche. Richtig schade bei den Gebilden, denen man auf Videos im Zeitraffer beim Schrumpfen zuschauen kann: Alienhaften Tentakeln oder mille fiori wie aus Murano.

Die Prozess-Objekte haben bezeichnende Namen: von „Beauty“ bis zu „Aging“. Beim Buffet der „fruits of happiness“ wurden „body and balloon“ zu einem garantiert kalorienfreien Frühstück aufgeblasen und verknotet, und es wird verschwinden, ohne dass jemand davon genascht hat.

Den Gedanken der Vergänglichkeit setzt einen Stock höher in der gotischen Kapelle Matthias Ströckel aus Nürnberg fort. Er hat zerbrochene Windräder fotografiert, abgebrochene Rotorblätter, abgeknickte Masten: einst stolz gereckte Zeigefinger für den technologischen Fortschritt, jetzt hingestreckt auf kahlen Äckern und zu winzigen Fotos geschrumpft.

Bis 22. Januar im Luftmuseum Amberg, Eichenforstgässchen 121; Di–Fr 14–17, Sa/So 11–17 Uhr.

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