„Mir war meine Familie nie peinlich“

30.8.2011, 00:00 Uhr
„Mir war meine Familie nie peinlich“

© PR

Frau Kelly, viele freuen sich über dieses Weihnachtsgeschenk: Ein Comeback der Kelly Family! Aber so ist es gar nicht, oder?

Patricia Kelly: Nein, das war ein Missverständnis. Die Medien haben das so geschrieben. Wir sind bei der „Stille Nacht“-Tour nur zu fünft. Aber immerhin! Es ist nicht leicht, alle unter einen Hut zu bekommen.

Jetzt sind Sie erst einmal solo unterwegs, singen aber auch viele Lieder, die von der Kelly Family bekannt sind. Nervt es Sie also gar nicht, dauernd mit Ihrer Familie in Verbindung gebracht zu werden?

Kelly: Nein. Ich habe nicht so ein wahnsinnig großes Ego. Ich bin dankbar, dass ich durch die Kelly Family eine Chance bekommen habe. Ganz ehrlich, wenn ich nicht Patricia Kelly heißen würde, käme doch niemand zu meinen Konzerten. Ich habe immer zu der Band gestanden und fand sie nie peinlich. Klar haben wir auch unsere Fehler gemacht, man denke nur an die Kostüme. Aber hey, was soll’s, das war doch originell.

Heute stehen Sie nur mit einem Gitarristen auf der Bühne.

Kelly: Ja, das ist etwas ganz anderes. Die Songs, die ich in dem Programm singe, kennt man zwar von der Kelly Family, aber sie sind zu 90 Prozent von mir komponiert. Jedes Lied hat eine persönliche Bedeutung.

Was inspiriert Sie denn beim Songschreiben?

Kelly: Alles, was mich bewegt. Ich kann mich nicht hinsetzen und denken: So jetzt schreibe ich über einen Elefanten. Das ist nicht meine Art. Meine Lieder sind wie ein Tagebuch.

Viele Musiker schreiben am besten, wenn es ihnen schlecht geht. Ist das bei Ihnen auch so?

Kelly: Das stimmt! Zumindest bei den Balladen. Merkwürdig, aber – jetzt sage ich was ganz Verrücktes – zum Glück gibt es auch Leid. Ich schreibe zwar nicht nur, wenn ich traurig bin, aber meist kommen dabei schon die besten Songs raus.

Sie singen in sechs verschiedenen Sprachen. In welcher träumen Sie?

Kelly: Gute Frage. Ich glaube Englisch. Das ist meine Hauptsprache.

Sehen Sie sich als Europäerin?

Kelly: Absolut. Ich habe acht Jahre in Spanien, drei in Holland, in Frankreich mehrere Jahre gelebt, in Irland, in Deutschland — ich bin überall zuhause. Ich fühle mich europäisch.

Viele der Lieder aus dem Programm kommen aus der Zeit, in der die Kellys noch auf der Straße spielten. War das die schönste Phase, die Sie erlebt haben?

Kelly: Ich habe da gemischte Gefühle. Die Songs sind zum Großteil aus der „Streetlife“-Phase. Das war die erfolgreiche Straßenzeit. Es gab die harte Zeit, etwa nach dem Tod unserer Mutter in Paris. Aber Ende der 80er Jahre hatten wir es geschafft, es kamen zwischen 3000 und 5000 Leute zu unseren Straßenkonzerten. Das war super: Wir waren frei und hatten noch nicht die Einschränkung des Berühmtseins. Wir haben gut verdient, die Kassetten gingen weg wie warme Semmeln.

Angeblich haben Sie das eingenommene Geld in Kisten im Hausboot gelagert. Ist das wahr?

Kelly (lacht): Ja, so war das. Wir haben ohne Plattenfirma und Manager eine halbe Million Platten verkauft. Das große Geld, also die Scheine, gingen aufs Konto. Aber wir waren zu faul, die ganzen Ein- und Zwei-Pfennigstücke zu trennen.
Dann haben wir gedacht: Okay, schmeißen wir sie in eine Kiste. Aber die Kisten wurden mehr und mehr, irgendwann wussten wir nicht mehr, was wir damit machen sollen. Als der Kapitän unseres Hausbootes eines Tages sagte, wir brauchen Ballast für das Schiff, meinte ich: Na dann nehmen wir doch die
Münzen.

Der Erfolg wurde größer und größer, die Kellys füllten riesige Stadien. Hatte das auch negative Seiten?

Kelly: Ich kann nur für mich sprechen, aber: definitiv. Das war für mich sehr schwierig und komisch, dass einen jeder erkennt. Es ging ja auch sehr schnell. Diesen Riesenerfolg nochmal erleben – nein, danke.

Hatte das auch damit zu tun, dass Sie sehr viel Häme einstecken mussten? Man sprach ja von der „singenden Altkleidersamlung“.

Kelly: Mich hat das schon getroffen. Es hieß ja auch immer, wir würden stinken. So ein Quatsch. Ich dusche zwei Mal am Tag! (lacht) Jetzt, 15 Jahre später, begegnen uns die meisten Menschen positiv. Früher haben sie sich geschämt, Kelly-Fan zu sein, heute nicht mehr.

Kennen Sie eigentlich Nürnberg?

Kelly: Ja, klar. Für mich ist Nürnberg eine der schönsten Städte
in Deutschland. Wir waren früher bei eurem Christkindlesmarkt – mein lieber Mann, der ist schon Wahnsinn!

7. Dezember „Stille Nacht“, Meistersingerhalle, Karten an den bekannten Vorverkaufsstellen

 

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