Mucksmäuschenstill und brachial laut: Das waren die 23. Rother Bluestage

7.4.2014, 18:55 Uhr
Mucksmäuschenstill und brachial laut: Das waren die 23. Rother Bluestage

© Roland Fengler

Es war eines der stilistisch am breitesten gefächerten Programme dervergangenen Jahre in Roth, und die Veranstalter freuten sich über einen Anstieg der Besucherzahlen. Mehr als 4000 Musikliebhaber strömten zu den insgesamt fünf Spielstätten, und gleich mehrfach hieß es ausverkauft: bei Uriah Heep ebenso wie bei Ruthie Foster oder dem Bluesbrunch mit den Lokalmatadoren Fitzgerald Kusz und Brandl, die als „Blues & Kusz“ zu erleben waren.

„Es waren drei Konzerte weniger alsdas Jahr zuvor und trotzdem mehr Besucher – das müsste eine schwarze Zahl bescheren“, zeigte sich Monika Ammerer-Düll, die Leiterin der Bluestage, mit Zahlen wie musikalischem Gehalt hochzufrieden.

Uriah Heep ließen trotz enormer Lautstärke, aber dennoch gut ausgesteuertem Sound kaum Wünsche offen, reihten Klassiker an Klassiker, legten viel Power und Spielfreude an den Tag – die Kulturfabrik glich am Ende fast einem Tollhaus, zumal zum Finale auch Besucher mit auf die
Bühne durften. Gitarrist Mick Box, das letzte Gründungsmitglied, und Sänger Bernie Shaw kamen aus Dresden angereist, wo sie tags zuvor das letzte Konzert von „Rock meets Classic“ bestritten hatten, während der Rest der Band aus England eingeflogen kam. Wie übrigens auch die British Blues All Stars, die die diesjährigen Bluestage eröffnet hatten.

Ruthie Foster begeistert

Den musikalischen Höhepunkt lieferte allerdings die US-Musikerin Ruthie Foster, die mit ihrer Stimme und Akustikgitarre (plus einer mitreißenden Schlagzeugerin und einem Bassisten) ein Strahlen aller Zuschauer herbeizauberte.

Stellenweise war es geradezu eine Gospelmesse, die sie zelebrierte. Folk, Soul und Popmelodien mengte sie auch in ihren Blues – und sang bei ihrem ersten Auftritt in Deutschland überhaupt geradezu phänomenal. Und: Wie die charismatische Künstlerin neben ihren eigenen Liedern bekannte Vorlagen wie „Ring Of Fire“ von Johnny Cash verfremdete und neu interpretierte, hatte große Klasse.

Im vergangenen Jahr hatte das schottische Quartett King King um den ausdrucksstarken Sänger/Gitarristen Alan Nimmo das Posthorn zum Kochen gebracht, in diesem Jahr wiederholte er dieses Kunststück vor 600 Besuchern in der Kulturfabrik. Wie kaum eine andere Formation verstanden es Nimmo & Co., die Dynamik und Spannung der Show zu variieren – von mucksmäuschenstill bis zum knüppelharten Gitarrenbrett reichte die Aktionspalette der Band, bei der Bennett Holland mit seiner Hammond für zusätzliche Klangkolorierung sorgte.

Da tat sich im Anschluss Aynsley Lister 15 Jahre nach seinem Roth-
Debüt anfangs schwer, das Publikum in Fahrt zu bringen. Doch es gelang ihm, seinen Reifungsprozess vom gitarrenbesessenen Solierer hin zum anspruchsvollen Singer/Songwriter mit Blueslegierung hörbar zu machen. Als dann Nimmo zweimal dazustieß, sich mit Lister packende wie einfühlsame Gitarrenduelle lieferte, gab es beim Publikum kein Halten mehr – vor allem bei der ausgedehnten Interpretation des Prince-Klassikers „Purple Rain“.

Bluesrock-Altmeister

Solide und überzeugend agierten die Bluesrock-Altmeister der Mick Ralphs Blues Band um den Namensgeber und Gitarristen von Bad Company und Mott The Hoople – hier ließ Sänger/Harpspieler Son Maxwell aufhorchen. Ähnliches galt für Siggi Schwarz & Friends: Frontmann André Caswell schäkerte mit dem Publikum und sang ausdrucksstark, während Schwarz demonstrierte, dass er nicht nur zu den technisch beschlagensten deutschen Gitarristen gehört, sondern auch viel Seele im Spiel aufweist.

Ein Feuerwerk nach dem anderen zündete Popa Chubby auf seiner verschrammten Stratocaster-Gitarre – beeindruckend, allerdings über zweieinhalb Stunden ein wenig ermüdend. Bewundernswert war dabei, dass er sich trotz gesundheitlicher Probleme (der Hüfte) kaum bremsen ließ. Und für derbe Sprüche zwischen den Songs ist der gewichtige Mann aus den Hinterhöfen New Yorks bekanntlich immer gut. Er lieferte einen markanten Kontrast zum eindrucksvollen Gastspiel des „deutschen Soul-Papstes“ vom Vorabend: Edo Zanki setzte auf variantenreiche Kontraste in seinen Songs, ohne dabei Tanzbarkeit wie auch textlichen Gehalt zu vernachlässigen. Musikalisch zwischen Pop und Soul lavierend, gab Zanki gehaltvoll den „Mann in den besten Jahren“, wie er sich augenzwinkernd singend selbst bemitleidete. Er trug wie all die anderen Akteure dazu bei, die Messlatte für die 24. Rother Bluestage sehr hoch zu legen.

Verwandte Themen


Keine Kommentare