Münchner-"Tatort": Sex, Lügen und kein Video

21.5.2017, 21:45 Uhr
Münchner-

© BR/Claussen+Putz Filmproduktion GmbH/Hendrik Heiden

Nach nur drei Wochen mutet Das Erste seinen Zuschauern bereits den nächsten "Tatort" aus der bayrischen Landeshauptstadt zu. Was bei oberflächlicher Betrachtung wie ein Malheur bei der Programmplanung aussieht, erweist sich bei genauerer Inspektion der Sachlage als durchaus wohl durchdachter und gut überlegter Schachzug.

Denn die kurz nacheinander gesendeten Filme sind von ihrer Grundstimmung so unterschiedlich, dass mit der frischen Erinnerung an "Der Tod ist unser ganzes Leben" die Differenzen zu "Die Liebe, ein seltsames Spiel" noch deutlicher werden. So kommt es, dass dem unglaublich düsteren Follow-Up zu "Die Wahrheit" mit Rainer Kaufmanns zweiter "Tatort"-Arbeit ein regelrecht heiterer Krimi folgt, in dem die Buddy-Cops zu alter Form auflaufen und oft genug ein paar Schoten zum Thema aus der Hüfte feuern.

Ein Regisseur, der Frauenfiguren liebt

In "Die Liebe, ein seltsames Spiel" kann der Regisseur außerdem seine Vorliebe für Frauenfiguren voll und ganz ausleben. Schließlich beleuchtet er fünf weibliche Wesen und deren Beziehung zu einem Mann. Kaufmann begründet seinen Spleen damit, dass er selbst eben keine Frau sei. Genau davon gehe für ihn eine immense Faszination aus.

Bemüht man nun ein allerletztes Mal den Vergleich zum Vorgänger, erinnert man sich zwangsläufig an dessen finale Szene, in der der Zuschauer in die Augen zweier körperlich und seelisch zutiefst lädierter Kommissare blickt, die - sagen wir mal - eher pessimistisch gen Zukunft schauen. In "Die Liebe, ein seltsames Spiel" ist von dieser Sorge, Leere und Angst kaum mehr etwas zu sehen. Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) sind wieder gut bei Kräften. Einer der beiden (Batic) geht und lebt nicht nur wieder. Er hat nun sogar "was eigenes". Wobei das nicht ganz zutrifft. Schließlich muss Batic sich Josie (Viola Wedekind) mit ihrem Ehemann teilen und darf der dunkelhaarigen Schönheit nur zu bestimmten Zeiten an die Wäsche.

Ein Mann, fünf Frauen und viele Probleme

Apropos teilen. Teilen müssen auch die im Film vorgestellten fünf Damen. Und zwar einen Mann. Der heißt Thomas Jacobi (Martin Feifel), ist erfolgreicher Architekt und fährt einen schicken Sportwagen. Weil der dunkelhaarige Erfolgstyp sich nicht einsperren lassen will, führt er mit jeder der vier gutsituierten Frauen eine Beziehung. Nur eine von ihnen weiß von den anderen. Jacobis Vielweiberei wäre womöglich nie aufgeflogen, läge nicht eine seiner Freundinnen eines Tages erdrosselt vor der Tiefgarageneinfahrt der von ihr bewohnten, noblen Wohneinheit.

Der Mord an Verena Schneider (Jasmin Georgi) setzt nun eine Kettenreaktion in Kraft, die dazu führt, dass vier Leben der Reihe nach zusammenbrechen. Aus Hoffnung wird Hoffnungslosigkeit. Träume lösen sich in Luft auf. Stück für Stück bahnt sich die schmerzhafte Wahrheit ihren Weg ans Tageslicht und offenbart dabei auch mit welch logistischer Meisterleistung Thomas Jacobi sein polyamor geführtes Leben bewältigt.

Spannung bis zum Schluss

Mitleid für den gestressten Unternehmer, dem die Frauen plötzlich wie die Fliegen nacheinander wegsterben, mag trotzdem nicht so recht aufkommen. Ein großes Sehvergnügen dagegen schon. Schließlich ist Kaufmanns Geschichte über den Architekten mit zu vielen Baustellen ein lockerer, leichtfüßig erzählter Film, der ohne großes Aufsehen nach und nach seine Wirkung entfaltet und einige gelungene Gags bereithält. Weil der Zuschauer stets auf dem gleichen Kenntnisstand der Kommissare ist, bleibt "Die Liebe, ein seltsames Spiel" sogar bis zum Schluss einigermaßen spannend. Auch wenn das Finale selbst etwas zu viele Übertreibungen präsentiert. Aber das ist bekanntlich Ansichtssache.

Dass Kaufmann tatsächlich ein Fan der Stadt München ist, wie neulich in einem Interview mit dem BR kundgetan, zeigt sich übrigens in auffallend vielen schönen Bildern, die der Regisseur in die Geschichte einbettet. Große Begeisterung hegt der Filmemacher offenbar ebenfalls für Kripo-Assistent Kalli (Ferdinand Hofer), weshalb der Jungspund vorwiegend im Vordergrund agiert. So erledigt Polizist Hammermann nicht nur die gewohnte Drecksarbeit. Kalli packt ordentlich mit an und schwingt vor allem zu Beginn ordentlich das Zepter. Erst recht, als Batic einem dienstlichen Einsatz aufgrund eines privaten Einsatzes nicht beiwohnen kann. So hat eben jeder seine Baustellen. Ob nun Architekt oder Polizist. Spielt fürs erste keine Rolle.

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