Neue Nürnberger "Così" ist Chefsache

20.2.2019, 12:20 Uhr
Neue Nürnberger

© Foto: Ludwig Olah/Staatstheater Nürnberg

Warum sich Herzog für "Così" entschieden hat? "Ganz einfach. Ich wollte unbedingt eine Da-Ponte-Oper im Repertoire haben. Und ,Don Giovanni‘ und ,Figaro‘ wurden ja erst vor kurzem am Haus gemacht. So fiel die Wahl leicht," klärt der Theaterchef auf. Lorenzo da Ponte war der Verfasser des außerordentlich poetischen Textbuchs, das voller Bezüge auf antike Sagengestalten ist.

Lange wurde überliefert, der Autor habe den Stoff einer wahren Wiener Begebenheit entnommen: Zwei Bräute werden Opfer einer Wette, die Don Alfonso, ein abgetakelter Philosoph, ausgeheckt hat. Er möchte seinen beiden Kumpanen Ferrando und Guglielmo beweisen, wie flatterhaft es um die weibliche Treue bestellt ist und startet ein Experiment.

Beide jungen Männer sollen so tun, als würden sie von jetzt auf gleich zum Militär eingezogen werden. Verkleidet als Albaner kehren sie zurück und umgarnen nun jeweils die Braut des andern. Erst zieren sich Fiordiligi und Dorabella, aber je länger sie den Avancen ausgesetzt sind, finden sie doch Geschmack am Liebeswerben und willigen sogar in eine Heirat ein. "Così fan tutte" — "So machen sie es alle" triumphiert Alfonso am Ende.

Das ist in italienischer Grammatik zwar eindeutig auf die Frauen bezogen, aber allen ist klar: zum gelungenen Partnertausch braucht es immer wenigstens vier, und so kommen auch die Herren der Schöpfung moralisch nicht mit blütenweißer Weste aus dem Unternehmen Frauentausch.

Für Jens-Daniel Herzog ist dies die dritte "Così"-Inszenierung. Ist das nicht eine Strafarbeit, ein so oft inszeniertes Stück erneut zu befragen? "Nein, im Gegenteil, es macht irren Spaß mit einem so jungen Ensemble diese Versuchsanordnung durchzuspielen", meint der Regisseur.

"Jede Generation hat doch das Recht, diese Sache unter ihrem eigenen Blick zu betrachten." Und eines dürfte für die Akteure ohnehin neu sein: "Zu Beginn des Stücks lasse ich die Darsteller so schlecht spielen wie sie können. . .", verrät Herzog, der in den Grundstrukturen auf seine Inszenierung in Mannheim 2005 zurückgreift.

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© Foto: Christine Dierenbach

An seiner Seite hat er einen sehr erfahrenen Mann: Dirigent Lutz de Veer ist Schüler von Klauspeter Seibel, dem langjährigen Chefdirigenten der Nürnberger Symphoniker. Nach einer ersten Station als Korrepetitor in Kiel ging der gebürtige Berliner als Kapellmeister nach Osnabrück und von dort an die Niedersächsische Staatsoper in Hannover. Zwischen 2010 und 2017 wirkte der 52-Jährige am Theater Zwickau-Plauen und ist seit dieser Spielzeit der Stellvertreter von Joana Mallwitz.

Auch er bringt viel Mozart- und insbesondere "Così"-Erfahrung mit in die Arbeit ein. Einerseits ist er fasziniert, wie sehr Mozart durch das Orchester psychologisiert, kommentiert und Hintergründe aufdeckt. Andererseits nötigt ihm der instrumentale Anspruch der Gesangspartien großen Respekt ab: "Mozart will einfach alles — die große Koloratur, die lyrische Poesie, verdichtete Ensembles und viele rhetorische Details in den Rezitativen. Aber letztlich hat alles dem Ausdruck zu dienen." Ob er die Rezitative mit dem Cembalo oder von einem Hammerflügel begleiten lassen wird, macht de Veer von den akustischen Erfahrungen in den Bühnen-Orchesterproben abhängig.

Die Neuproduktion ist für den musikalischen Leiter auch deshalb eine besondere Herausforderung, weil viele Protagonisten hier Rollendebüts bestreiten und daher besonderer Unterstützung bedürfen, etwa Martin Platz als Ferrando oder Wonyong Kang als Don Alfonso. Julia Grüter hingegen bringt schon Bühnenerfahrungen als Fiodiligi aus Linz mit. Amira Elmadfa war bereits in Darmstadt als Dorabella zu erleben und singt die Rolle zeitgleich mit Nürnberg auch in einer Inszenierung in Weimar. Bis zum Juni sind zehn Aufführungen des Zweiakters geplant, in dem Andromahi Raptis die Despina und Denis Milo den Guglielmo geben wird.

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