Neuer Ösi-"Tatort": Luden, Liebe und Moneten

14.10.2018, 21:45 Uhr
Mit allen Mitteln arbeiten sich Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) Schritt für Schritt in dem Mordfall an dem Geldboten eines Wiener Großkriminellen heran.

© ARD Degeto/ORF/Hubert Mican Mit allen Mitteln arbeiten sich Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) Schritt für Schritt in dem Mordfall an dem Geldboten eines Wiener Großkriminellen heran.

Vom vergangenen Austro-"Tatort" blieb vor allem in Erinnerung, dass die sonst auf großer Flamme gekochten Frotzeleien zwischen Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) etwas in den Hintergrund gerieten. Grund war, dass es sich bei "Die Faust" um einen zu ernsten Thriller handelte, der mit einer sehr spannenden, wendungsreichen Geschichte aufwartete. Somit blieb in dem Film, in dem sogar die CIA eine Rolle einnahm, wenig Raum für den gewohnten Humor übrig.

Im Gegensatz zu dieser Episode, in der ein Serbe an die Wand genagelt, ein Georgier in einer öffentlichen Toilette aufgehängt und eine Ukrainerin auf einem Motorboot gemeuchelt wurde, und die Opfer somit - wie für einen österreichischen Fall üblich - abermals auf besonders üble Weise ihr Leben lassen mussten, erweist sich "Her mit der Marie!" dagegen als vergleichsweise blutarm, ist aber dafür wieder um Längen heiterer.

Strizzi vom alten Schlag

Zwar hält Barbara Eder in ihrem zweiten "Tatort" nach "Virus" ebenfalls einen für den "Tatort" erforderlichen Toten bereit. Doch anstatt der Ermordung des Geldboten eines alteingesessenen Wiener Unterweltkönigs weitere brutale Szenen folgen zu lassen, reduziert die Regisseurin in ihrer mit viel Schmäh versehenen und nur haarscharf an einer dialektreichen Satire vorbei schrammenden Milieustudie Gewalt und Brutalität auf ein Mindestmaß.

So lernt der Zuschauer in "Her mit der Marie!" schräge Typen wie "Dokta" kennen, einem Schnauzbart tragenden Strizzi vom alten Schlag, der sich inzwischen aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und seine Unternehmungen an diverse Interessenten vergeben hat. Trotzdem hält der Mann mit dem Nackenspoiler die Zügel im Hintergrund weiterhin fest in der Hand. "Mit dem hat man noch reden und sich auf einen Kompromiss einigen können", weiß Oberst Rauter (Hubert Kramar) und klingt dabei, als würde er dem Ganoven damit ein Kompliment aussprechen.

Mörder in den eigenen Reihen

Eben dieser "Dokta", der die Zeit gerne auf seinem Weinberg oder mit der Gattin busselnd im Bett verbringt, muss erfahren, dass einer seiner zwei Geldboten bei einer Monopoly-Tour ums Leben gekommen ist. Während Pico Bello, ein österreichischer James Dean Verschnitt mit Menjou-Bärtchen unter der Nase, lediglich bewusstlos getreten wurde, landete in Edin Gavrics Brust eine tödliche Ladung Blei. Von der eingetriebenen "Marie" fehlt selbstredend jede Spur.

Wiens Oberlude ist, na sagen wir mal, nicht gerade begeistert. Nach einem ernsten Gespräch mit Pico und Marko, "Doktas" Mann fürs Grobe, bei dem sich alle Beteiligten tief in die Augen schauen, steht für den alternden Rotlichtkönig fest, dass er sich Gedanken darüber machen muss, wem er noch trauen kann und wem nicht. Denn da Monopoly-Touren stets absoluter Geheimhaltung unterliegen, dürfte der Dieb wohl in den eigenen Reihen zu suchen sein.

Das stellt natürlich einen herben Schlag ins Kontor des Strizzis dar, in dessen Vokabular Worte wie Verrat bis dato nicht existierten. Zu allem Überfluss hat nun auch noch die Polizei Wind von der Sache bekommen. Eisner und Fellner heften sich an die Fersen der Luden. Doch die tun alles, um diese Angelegenheit ohne Hilfe der Uniformierten aufzuklären.

Schräge Typen in alten Karossen

Themen wie Freundschaft und Vertrauen, Misstrauen und Liebe dominieren diesen atmosphärischen Wiener "Tatort", den sich Stefan Hafner und Thomas Weingartner ausgedacht haben. Ihre von Matthias Pötsch farbenfroh in Szene gesetzte und von Sehnsucht stiftenden Liedern von STS und Voodoo Jürgens musikalisch untermalte Geschichte wirft zu Beginn zwar einige Nebelbomben. Doch rasch fügen sich diese losen Puzzleteile zusammen und ergeben ein glanzvolles Gesamtbild.

Ein Bild, auf dem schräge Typen mit tief aufgeknöpften Hemden in alten Karossen sitzen und Tschicks qualmen. Ein Bild, auf dem darüber hinaus zwei Menschen zu erkennen sind, deren verbotene Liebe zueinander immense Gefahren birgt. Eine körperliche Liebe, wie es sie zwischen den Kommissaren nicht gibt. Dennoch zeigt "Her mit der Marie!" auch, wie nahe sich Eisner und Fellner tatsächlich stehen. Allen ununterbrochenen Frotzeleien zum Trotz.

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