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Neumarkter Reitstadel als Tonstudio heiß begehrt

30.11.2017, 11:32 Uhr
Neumarkter Reitstadel als Tonstudio heiß begehrt

© Edgar Pfrogner

´Die jungen Herren des Goldmund Quartetts, die allesamt in Bayern studiert und in München eine Menge Wettbewerbspreise abgeräumt haben, nehmen hier vier Tage lang ihre zweite CD mit Schostakowitsch- Quartetten auf. Sie wissen offenbar sehr genau, warum die CD munter weiterlebt und sie zu Aufnahmen ausgerechnet in den Reitstadel kommen.

Pinchas Adt (2. Geige) bringt es auf den Punkt: "Die CD wird wegen der Konkurrenz zu anderen Speichermedien zwar weniger verkauft, aber von mehr Leuten gehört als je zuvor. Sie ist für Konzertgänger und Veranstalter zu einem Dokument unserer Arbeit geworden." Und Raphael Paratore aus der Familie des berühmten Klavierduos fügt an: "Auch die jungen Leute wollen wieder etwas Greifbares haben, zusammen mit Booklet und Autogramm etwas zum Anfassen und Aufheben, etwas Wertiges."

Weltweit bekannte Akustik

Und dass es die neueste Daniil-Trifonov-Aufnahme zur Zeit an prominenter Stelle in den Läden als Langspielplatte gibt, geht in die gleiche Richtung: "Was mir etwas wert ist, das will ich auf Platte oder CD", sagt Primarius Florian Schötz.

Schon bei der ersten Probe ist Paratore begeistert: "Es klingt toll, und es ist wichtig für unsere Psyche, dass der Saal einem ein Feedback gibt. Gerade der Ton beim Streichquartett braucht Entfaltungsmöglichkeiten." Die Goldmunds haben genügend Vergleiche, immerhin spielen sie in schönen kleinen Sälen, aber auch viel in Madrid. Demnächst debütieren sie in Washington D.C.

Kurze Wege

Alles, was sie in Neumarkt brauchen, steht fußläufig zur Verfügung: eine Ferienwohnung für alle vier, wo sie sogar proben können und natürlich die Altstadt-Gastronomie mit den bekannten Biersorten. Auch kein Problem: Aus München haben sie Sebastian Braun als Tontechniker mitgebracht. Der weiß: "Der Saal ist in der Branche bestens bekannt. Auch der Rundfunk nimmt hier viel auf."

Neumarkter Reitstadel als Tonstudio heiß begehrt

© Fritz-Wolfgang Etzold

Was den Goldmunds wie ihren Kollegen und Kolleginnen natürlich auch gefällt: Der Reitstadel kostet ohne Mehrwertsteuer nur 335 Euro für den ganzen Tag. Da braucht man nicht zu hetzen, Pianisten bekommen für nochmal 335 Euro den exzellenten städtischen Steinway-Flügel gestellt.

Igor Levit hat für die Einspielung seines neuen Beethoven-Zyklus zwar seinen eigenen Flügel dabei, aber für die Fortsetzung schon Saaltermine für 2018 gebucht. Darüber führt Ulrike Rödl vom Neumarkter Kulturamt Buch. Mit ihr waren die Herren vom Goldmund Quartett schnell und unbürokratisch ins Geschäft gekommen. Denn sie ist ein bekennender Klassikfan und freut sich über den exzellenten Ruf des Reitstadels als Studio. Allerdings: "Ich weiß nicht, wo ich die vielen Leute terminlich noch hinschieben soll." 2017 werden es 133 Aufnahmetage sein, zu denen Belegungen für Konzerte und Kabarett noch hinzukommen.

Sie hat Kontakt mit Künstlern, Agenturen und Toningenieuren, und besonders geht es ihr um deren Wohlfühlfaktor: "Ich unterstütze die Aufnahmeteams bei ihren Fragen nach Parkplätzen, Hotels oder Anspielterminen, an denen man den Saal vorab erleben und anschauen kann, bevor man endgültig bucht."

Viele Stammkunden

Bei der Stadtverwaltung freut man sich über jährlich etwa 600 bis 700 zusätzliche Übernachtungen der Aufnahmeteams, hält ein Extra-Gastgeberverzeichnis bereit: "Aber es gibt auch schon viele Stammkunden, die sich zwischen Oberer, Mittlerer und Unterer ,Gans’ mit ihrer Oberpfalz-Gastronomie auskennen", schmunzelt Rödl.

Ernst-Herbert Pfleiderer, Chef der "Neumarkter Konzertfreunde" und einer inzwischen weithin bekannten und ziemlich ausgebuchten Luxus-Konzertreihe, muss zusehen, dass er zwischen Levit & Co noch seine eigenen Termine für Marta Argerich, Daniil Trifonow oder András Schiff findet: Man redet inzwischen über die Saison 2019/20.

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