Nürnberg: Wiedersehen mit Birner + Wittmann

18.9.2016, 18:50 Uhr
Nürnberg: Wiedersehen mit Birner + Wittmann

© Foto: Ralf Rödel

Kunstfreunde dürften sich noch erinnern an die vielversprechende Premiere, die die Galerie Birner + Wittmann 1999 im gerade eröffneten Zumikom mit einer Lichtinstallation des Düsseldorfer Künstlers Mischa Kuball hinlegte. Doch fünf Jahre später – inklusive Umzug an den Rennweg – war leider wieder Schluss mit dem hochkarätigen Ausstellungsprogramm. Was aber keineswegs das Ende der Sammlertätigkeit des kunstverliebten Ehepaars Markus Birner und Andrea Wittmann bedeutete. Ihr Faible gilt allen Facetten der zeitgenössischen Kunst – vor allem aber der Zeichnung und Fotografie. Einblick in den fotografischen Fundus gibt jetzt erstmals – quasi als „Einzelausstellung“ – der Kunstverein Kohlenhof.

Die Auswahl reicht von A wie Nobujoshi Araki bis Z wie Edwin Zwakman und damit vom kleinen, intimen Polaroid bis zum Großformat einer holländischen Küsten- und Straßenlandschaft, das tatsächlich ein vom Künstler geschaffenes Modell zeigt. Dass Birner die Bilder schlicht alphabetisch geordnet hat – gleichsam als demokratisches Prinzip –, macht sofort auch die spannende Heterogenität dieser Sammlung sichtbar.

Da findet sich etwa der spektakuläre Blick auf den „Hongkong Port“ von Foto-Star Andreas Gursky neben Claus Feldmanns melancholischen Schwarz-weiß-Aufnahmen eines Mädchens im Berliner Strandbad. Mit Axel Hütte, der die isländische Vulkanlandschaft malerisch-minimalistisch ins Bild setzt, und Candida Höfer, in deren Bibliotheksbildern die Zeit stehen geblieben scheint, treffen zwei prominente Becher-Schüler in direkter Nachbarschaft aufeinander. Zur Seite gestellt sind ihnen ein ganz nostalgisch anmutendes Pferde-Foto von Hubertus Hess und ein Selbstporträt von Jonathan Meese.

Das sind starke Kontraste, die den Blick mit jedem Bild neu justieren. Birners Faszination für die Fotokunst wurde in den 90er Jahren geweckt, als Fotografen wie Thomas Ruff, Andreas Gursky, Thomas Demand oder Thomas Struth mit ihren Riesenformaten auf sich aufmerksam machten und die Fotografie als eigenständige Kunstform etablierten.

„Es gibt nur gut oder schlecht“

Die Initialzündung durch diese Großformate bedeutete für Birner und Wittmann jedoch keinesfalls eine Kaprizierung aufs möglichst Spektakuläre. Kleinen Kritzelzeichnungen gleichen Walter Niedermayrs Bilder vom fernen bunten Menschengewusel im Schnee. Von Thomas Ruff, den Birner „den Besten von allen“ nennt, „weil er sich an einem Thema abarbeitet, bis es zu Ende gebracht ist“, gibt es auch ein frühes, ganz schlichtes Interieur-Bild. Zwei Fotografien des Nürnbergers Bernd Telle zeigen Porträts junger Frauen, die den Betrachter ernst, fast traurig anblicken. Vor Jahren hängte Birner die Telle-Fotos in dem kleinen Besprechungszimmer seiner Firma für Kunststofftechnik in Amberg auf. „Es war mein erster Versuch, die Besucher mit Kunst zu konfrontieren. Und es gab niemanden, der das Gespräch nicht auf die Bilder lenkte.“

Dabei gilt für den Markus Birner immer: „Es geht nicht darum, was auf einem Foto zu sehen ist. Es geht wie in der Malerei allein darum, wie es gemacht ist, um Komposition, Rhythmus, Stimmung. Eigentlich geht es nur um gut oder schlecht.“

Auch der Sammler selbst reiht sich mit der spärlich beleuchteten, spannungsvollen Nachtansicht eines Autobahn-Parkplatzes ein in diese Fotoschau und verrät im Gespräch, dass er selbst ein besessener Fotograf ist. 5000 „Schnappschüsse“ mache er im Monat, jährlich entstünden daraus rund 1000 eigene Arbeiten. Es muss inzwischen riesiges Konvolut sein.

Kunstverein Kohlenhof, Grasersgasse 15; Eröffnung am heutigen Samstag, 19 Uhr; bis 15. Oktober, Do.–Sa. 14–19 Uhr.

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