Pop aus Berlin: "Von wegen Lisbeth" begeistern in Nürnberg

24.6.2018, 14:47 Uhr
"Von Wegen Lisbeth", hier bei einem Konzert im Erlanger E-Werk, ließen in Nürnberg die Klostermauern wackeln.

© Katharina Tontsch "Von Wegen Lisbeth", hier bei einem Konzert im Erlanger E-Werk, ließen in Nürnberg die Klostermauern wackeln.

Der Sommer ist da – und verschwindet erstmal in die Sommerpause. Ein bisschen kühl, ein bisschen zugig, ein bisschen wolkig geht der Freitag über dem St. Katharina Open Air zu Ende. Um das Publikum in der Klosterruine durchzuwärmen, lässt die Vorband "Flut" erst einmal schillernde Austropop-Klänge made in Wien erschallen: eine Zeitreise in die frühen Achtziger mit den soundtechnischen Mitteln von heute, hier ein wenige NDW-Gezirpe, da ein wenig Falco-Feeling, schwarzer Lippenstift und Boy-George-Klamotte; an den Wänden bröckelt der Putz, in den gotischen Fenstern wackelt das Maßwerk.

Anders exotisch wird es danach auf der Bühne, wo fleißige Umbauhelferhände eine Art Dschungelcamp-Ambiente herbeizaubern und so dann doch noch etwas Tropenatmosphäre aus der fröstelnden Nacht saugen. Welch schöne Kitschkulisse für den Haupt-Act des Abends: "Von Wegen Lisbeth", fünfköpfiger Besuch aus Berlin, der mit witzig-ironischen Texten, großstadtpoetisch und musikalisch experimentell den Alltagsproblemen mittzwanzigjähriger akademischer Mittelstandsangehöriger auf den Grund geht.

Vor genau vier Jahren und einem Monat

Liedinhalte sowie der um keine Hauptstadtmodesünde verlegene Kleidungsstil der Bandmitglieder spiegeln sich perfekt im Publikum wider. Nürnberg, sagt der Frontmann Matthias Rode, rufe sentimentale Erinnerungen bei der Band wach, habe man hier doch "vor genau vier Jahren und einem Monat" den allerersten Auftritt außerhalb Berlins gehabt. Kein Wunder, dass die Nürnberger Fans so vertraut sind mit den Songs und jede Zeile von "Cherie" oder "Sushi", von "Meine Kneipe" oder "Wenn du tanzt" mitsingen können. Selbst die brandneuen Lieder vom gerade fertig gestellten Album sind fast so schnell auf den Lippen wie in den Ohren – in den Beinen sowieso.

Apropos Beinarbeit: Das beste an der Lisbeth-Show ist fast, wie die vielseitig begabten Jungs auf der Dschungelcamp-Bühne hin und her flitzen, um allerlei Klapperkram aus dem Musikinstrumenten-Arsenal für Drei- bis Fünfjährige zu bedienen. Besondere atmosphärische Höhepunkte steuert dabei eine Art plastikgefertigte Kinder-Celesta bei, die nur Töne von sich gibt, wenn man auf sie eindrischt. Man wundert sich fast, wie die Lieder bei all dieser klanglichen Experimentierfreude noch so eingängig bleiben können. Aber da hat ja jede Band so ihre Betriebsgeheimnisse.

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